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Verjährung von Urlaubsansprüchen des GmbH-(Fremd-)Geschäftsführers

Auswirkungen des Grundsatzurteils des BAG vom 20.12.2022 – 9 AZR 266/20 zur Verjährung des Urlaubsanspruchs

Ein Geschenk für Arbeitnehmer gab es 2022 schon vor dem heiligen Abend, als nämlich das BAG am 20.12.2022 sein Grundsatzurteil zur Verjährung des Urlaubsanspruchs verkündete. Für die Fachwelt wenig überraschend urteilte das Gericht, dass Urlaubsansprüche nur dann verjähren, wenn Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer rechtzeitig auffordern, den ihnen zustehenden Urlaub zu nehmen und sie vor einer drohenden Verjährung warnen. Insoweit gilt grds. die vertragliche Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß §§ 214 Abs. 1, 194 Abs. 1 BGB. Die Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt allerdings nicht zwangsläufig mit dem Ende des Urlaubsjahres, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallsfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub daraufhin dennoch nicht genommen hat (BAG, Urt. v. 20.12.2022 – 9 AZR 266/20).

Informationspflicht über Urlaubsansprüche

Die Informationspflicht über bestehende Urlaubsansprüche gibt es bereits seit 2018 und sie geht zurück auf eine Entscheidung des EuGH, nach der Urlaub nur dann verfällt, wenn ein Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber in die Lage versetzt worden ist, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen (EuGH Urt. v. 06.11.2018 – C-684/16).

Das BAG hat dann 2019 die Anforderungen an die Informationspflicht des Arbeitgebers näher konturiert und ausgeführt: Der vom Bundesurlaubsgesetz intendierte Gesundheitsschutz durch eine tatsächliche Inanspruchnahme der bezahlten Arbeitsbefreiung wird gefördert, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Umfang des noch bestehenden Urlaubs informiert, ihn auf die für die Urlaubsnahme maßgeblichen Fristen hinweist und ihn zudem auffordert, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen. In diesem Fall wird ein verständiger Arbeitnehmer seinen Urlaub typischerweise rechtzeitig vor dem Verfall beantragen, BAG Urt. v. 19.02.2019 – 9 AZR 423/16.

Arbeitnehmereigenschaft des Fremdgeschäftsführers

Der GmbH-Geschäftsführer ist zwar originär nicht Arbeitnehmer, sondern übt selbst Arbeitgeberfunktion aus. Klassisches Beispiel ist insoweit die Abmahnung als arbeitsrechtliches Sanktionsmittel, die gegenüber dem GmbH-Geschäftsführer nicht zur Anwendung kommt.

Allerdings hat der BGH dem Fremdgeschäftsführer einer GmbH jedenfalls im Hinblick auf die Frage der Anwendbarkeit des AGG im Kontext der Kündigung des Dienstvertrags die Arbeitnehmereigenschaft zugebilligt und dies mit einer europarechtskonformen Auslegung begründet (BGHZ 221, 325).

Auch für das Urlaubsrecht ist der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff maßgeblich, der auch bei der vorstehenden Entscheidung Grundlage dafür war, dass der Fremdgeschäftsführer dem Anwendungsbereich des AGG zu unterfallen hatte. Folglich unterfällt ein Fremdgeschäftsführer zwar nicht unmittelbar dem Anwendungsbereich des Bundesurlaubsgesetzes. Allerdings beruht der Urlaubsanspruch eines GmbH-Fremdgeschäftsführers auf einer EU-richtlinienkonformen Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes. Es ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, warum dann zu Lasten des GmbH-Geschäftsführers von einer Ausnahme der bestehenden Informationspflichten auszugehen ist, für die im Verhältnis zum Geschäftsführer freilich die Gesellschafterversammlung zuständig ist.

Erfüllung der Informationspflicht durch die Gesellschafterversammlung

Auch Urlaubsansprüche des GmbH-Fremdgeschäftsführers verjähren daher nach hier vertretener Auffassung nicht, wenn nicht die Gesellschafterversammlung in gleicher Weise, wie dies bei einem Arbeitnehmer erforderlich wäre, über die Zahl der ihm zustehenden Urlaubstage informiert wird und der Hinweis enthalten ist, dass der Urlaub verfällt, wenn er nicht genommen wird. Für die Unterrichtung genügt Textform (Bayreuther, NZG 2021, 140).

Resümee

Es ist davon auszugehen, dass die Informationspflichten gegenüber Fremd-Geschäftsführern in der Regel nicht erfüllt werden, so dass Urlaubsansprüche jedenfalls während des laufenden Dienstverhältnisses nicht verjähren. Bei der Verhandlung von Aufhebungsverträgen mit lange tätigen Geschäftsführern kann dies erhebliche Auswirkungen haben.