Unterlassungsansprüche bei identifizierender Berichterstattung
Einleitung
Kürzlich kam es bundesweit zu Aufruhr, als ein auf Sylt gedrehtes Video publik wurde, in dem junge Menschen auf einer Party zur Melodie eines Liedes Parolen wie „Ausländer raus“ anstimmten. Das mediale und gesellschaftliche Interesse war groß – und so entschieden sich einzelne Medien, das besagte Video unverpixelt zu veröffentlichen. Dagegen wehrte sich eine Betroffene vor dem Landgericht München – mit Erfolg (LG München, Beschl. v. 12.06.2024, Az. 26 O 6325/24).
Sachverhalt
Der Sachverhalt dürfte noch ausführlich bekannt sein, daher hier nur eine kurze Zusammenfassung:
Einige junge Leute feierten in einem bekannten Club auf Sylt, wobei sie zu der Melodie des Liedes „L’armour toujours“ von Gigi d’Agostino den Gesang „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“ anstimmten. Eine der Anwesenden filmte dies; kurz darauf geriet das Video ins Internet. Einzelne Medien veröffentlichten das Video sowie screenshots davon, auf denen die mutmaßlichen Beteiligten unter (teilweiser) Namensnennung zu erkennen waren. Dabei im Sichtfokus stand eine im unteren Vordergrund des Videos präsent erkennbare Frau. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens trug diese Frau vor, diese Art identifizierende Berichterstattung verletze ihre Persönlichkeitsrechte, weil eine sog. Prangerwirkung entstehe.
Entscheidung
Die Betroffene war der Auffassung, dass aufgrund der entstandenen Prangerwirkung und Stigmatisierung ihr Persönlichkeitsrecht die Interessen des Medienhauses an der Berichterstattung überwiege. Durch die mit der Art der Berichterstattung einhergehende Stigmatisierung und Prangerwirkung würde die konkret sozial ausgrenzen.
Das Landgericht München I folgte der Argumentation der betroffenen Frau bei seiner Abwägung und verbot unverpixelte Berichterstattung sowie die Klarnamensnennung. Sie habe einen Unterlassungsanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB, Art. 2, 1 GG, § 1004 BGB wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Ein überwiegendes öffentliches Interesse, welches die Berichterstattung gem. § 23 Abs. 2 KUG hätte rechtfertigen können, verneinte das Gericht.
Resumee
Trotz allem müssen die Recht von Betroffenen im Rahmen identifizierender Berichterstattung gewahrt bleiben und Prangerwirkung vermieden werden. Bei dem Verfahren handelt es sich um ein Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz; Der Beschluss des LG München I könnte also noch „kassiert“ werden.
Und Gigi d‘Agostino? Der könnte Unterlassungsansprüche und Schadensersatz wegen Urheberrechtsverletzungen an seinem Lied geltend machen (vgl. §§ 14, 97 ff. UrhG).