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Positionierung des Geschäftsführers im Gesellschafterstreit als Grund für eine Abberufung aus wichtigem Grund

Abberufungsgründe

Denkbare Gründe für die Abberufung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund sind die insbesondere die Folgenden:

  • tiefgreifendes Zerwürfnis
  • nachhaltige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses
  • pflichtwidriges oder gar schuldhaftes Handeln aber auch eine Verletzung des Neutralitätsgebots, wie eine aktuelle Entscheidung des Kammergerichts zeigt (KG Beschl. v. 09.03.2023 – 2 U 56/19).

Abwägungskriterien

Nicht zwingend ist, dass der Gesellschaft ein Schaden entsteht. Entscheidend ist, dass der weitere Verbleib des Geschäftsführers bei Würdigung aller Umstände unzumutbar ist (BGH NZG 2017, 700). Dabei sind zu Gunsten des abzuberufenden Geschäftsführers durchaus eine besondere Dauer der Geschäftsführungstätigkeit aber auch dessen besondere Verdienste zu berücksichtigen (KG Beschl. v. 09.03.2023 – 2 U 56/19). Auch kommt es auf die Gesellschafterstruktur an, wenn für die Abberufungsentscheidung eine nachhaltige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses eine Rolle spielen soll, die sich eher bejahen lässt, je kleiner der Kreis der Gesellschafter ist KG Beschl. v. 09.03.2023 – 2 U 56/19.

Positionierung des Geschäftsführers und damit einhergehende Verletzung des Neutralitätsgebots

Auch die Positionierung eines Geschäftsführers im Gesellschafterstreit kann vor diesem Hintergrund eine Abberufung aus wichtigem Grund legitimieren. Dabei hat jüngst das KG darauf abgestellt, dass der Geschäftsführer mit seinem Verhalten das Vertrauensverhältnis zu der in dem Fall klagenden Mehrheitsgesellschafterin unwiderruflich zerstört hatte, indem er sich „über Jahre hinweg zum bedingungslosen Fürsprecher der Minderheitsgesellschafterin gemacht hat“, was bereits für sich genommen und ohne Hinzutreten weiterer Pflichtverletzung seine Abberufung rechtfertigen würde, KG Beschl. v. 09.03.2023 – 2 U 56/19. Vorgeworfen wurde dem Geschäftsführer von der Mehrheitsgesellschafterin unter anderem, dass er unter Missachtung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung eine abweichende Gesellschafterliste vom Registergericht aufnehmen zu lassen. Dagegen ließ sich auch nicht mit Erfolg einwenden, dass vertreten wird, dass die herrschende Meinung vertritt, dass der Geschäftsführer bei einer umstrittenen Gesellschafterstellung aufgrund einer eigenen Prüfung ggfls. eine berichtigte Gesellschafterliste einreicht oder ob er den Streit zunächst unter den Gesellschafter-Prätendenten austragen lässt (OLG Brandenburg, Beschl. v. 09.07.2019 – 6 W 26/19). Die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses manifestierte sich auch in einer Vielzahl zwischen den Parteien ausgetragener Streitigkeiten der zurückliegenden Jahre. Dem Geschäftsführer war vorzuwerfen, dass er seine Neutralitätspflicht verletzt habe, indem er einseitig Partei ergriffen habe.

Resümee

Die Besonderheit des Falles liegt sicher darin begründet, dass die Verletzung der Neutralitätspflicht zumeist nicht Gegenstand einer Abberufungsentscheidung ist, weil der Geschäftsführer-Gesellschafter für sich selbst Partei ergreift. Besondere Relevanz kommt der Verletzung der Neutralitätspflicht als Grund einer Abberufung aus wichtigem Grund damit aber insbesondere für Fremdgeschäftsführer zu, die sich im Gesellschafterstreit der Konsequenz bewusst sein sollte.