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Irreführende Werbung mit Umwelt-Aspekten bzw. Nachhaltigkeit

Greenwashing im Finanzbereich

Das Landgericht Stuttgart (Az. 36 O 92/21 KfH) hatte über die Zulässigkeit von Umwelt- bzw. Nachhaltigkeitswerbung für einen Investment Fond zu entscheiden. Es ersah die dortigen Aussagen als irreführende Werbung (Stichwort: Greenwashing).

I. Sachverhalt

Die Beklagte betrieb einen Investment Fond, der insb. in nachhaltige Projekte investiert, die CO2-Ausstoß vermeiden. Hierbei konnte der Interessent einen „CO2-Rechner“ nutzen und unter Angabe verschiedener Parameter seinen persönlichen „CO2-Fußabdruck“ ermitteln, welchem dann ein durch das beworbene Investment avisierter „CO2-Ausgleich“ gegenübergestellt wurde (fiktives Beispiel: bei 20.000€ Investment werden 7 Tonnen CO2-Ausstoß verhindert). An anderer Stelle relativierte die Beklagte diese Aussagen, indem sie mitteilte, es könne nicht garantiert werden, dass die Anlageziele des Fonds erreicht werden und dass die Anlageergebnisse im Laufe der Zeit erheblich variieren könnten. Sie verwies an „versteckter“ Stelle auch darauf, dass pro 10.000€ investiertem Kapital ein CO2-Ausgleich von 3,0 Tonnen erreicht werden sollte – der CO2-Rechner zeigte dem Interessenten jedoch prominent einen Ausgleich von 3,5 Tonnen an.

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg klagte dagegen – mit Erfolg.

II. Entscheidung

Das Gericht verurteilte die beklagte Gesellschaft – gestützt auf §§ 8, 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG (Irreführung) – dazu, es zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern im Internet für das Investment mit dessen positiver ökologischer Wirkung in der Weise zu werben, dass der Verbraucher einen von der Investitionssumme abhängigen „CO2-Ausgleich“ als positive Wirkung auf den „persönlichen CO2-Fußabdruck“ unter Angabe konkreter Einsparergebnisse berechnen können soll, wenn die Beklagte aber ausweislich ihres „Informationsmemorandums“ zu diesem Fonds den messbaren Beitrag zur Erreichung von Umweltzielen nur als unverbindliches Anlageziel bezeichnet. Die Angabe einer absoluten CO2-Reduktion von 3,5t bzw. eines CO2-Ausgleiches von -3,5t sei gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG zur Täuschung geeignet, da die angesprochenen Verkehrskreise diese Angaben als fixe Werte begreifen, die jedenfalls nicht unterschritten werden. Dies folge insb. aus der Darstellung, da relativierende Hinweise nicht an geeigneter Stelle hinreichend deutlich gemacht worden seien.

Außerdem hatte es die Beklagte gem. §§ 8, 3, 5a Abs. 2 UWG (Irreführung durch Unterlassen) zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern im Internet für ihr Investment mit positiver ökologischer Wirkung in einer ganz bestimmten Höhe zu werben und dabei unterschiedliche Mengenangaben für die avisierte CO2-Vermeidung zu nennen (einerseits (3,5 t) und andererseits (3,0 t). Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass dem Interessenten nicht offenbart werde, welcher der beiden Werte denn nun zutreffend ist.

III. Resumee

Werbung mit Aussagen über die Umwelt oder Nachhaltigkeit für Produkte und Dienstleistungen ist nicht nur beliebt, sondern birgt auch wettbewerbsrechtliche Gefahren. Das Landgericht Stuttgart stellt – wie im Parallelverfahren zum Az. 35 O 97/21 – hohe Anforderungen an die Zulässigkeit von Umwelt-Werbung bzw. greenwashing. Letztlich folgt dies dem Grunde nach den Vorgaben des BGH.  Unternehmen haben daher ihre Werbekampagnen im Bereich „Umwelt-Werbung“ besonders sensibel zu gestalten. Ferner ist festzuhalten, dass Umweltangaben, hier der CO2-Ausgleich, nach Ansicht des Gerichts die CO2-Vermeidung neben der in Aussicht gestellten Renditeerwartungen das entscheidende Argument für eine Geldanlage in dem Fonds sei. Mit der Taxierung dieses Stellenwertes geht auch der Sorgfaltsmaßstab einher, der an solche Werbeaussagen anzulegen ist.