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Neues Urteil zur klimaneutralen Werbung

OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.07.2023 – 20 U 152/22

Themenkomplex Greenwashing

Werbung mit „klimaneutral“ für zulässig erklärt

Und wieder entscheidet ein weiteres Gericht im Themen-Komplex „Greenwashing“ und „klimaneutrale Werbung“. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat kürzlich die Werbung mit dem Slogan „klimaneutral“, bzw. „Seit 2021 produziert Z. alle Produkte klimaneutral“ in einer Fachzeitschrift für zulässig erklärt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.07.2023 – 20 U 152/22).

Sachverhalt

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt ist der Kläger ein nach § 8b UWG eingetragener Verein (eine Wettbewerbszentrale). Die Beklagte stellte Süßigkeiten für den Endkunden her, die an diversen Verkaufsstellen erhältlich waren (Supermarkt, Kiosks etc.). Die Beklagte warb in einer Zeitung damit, dass alle ihre Produkte klimaneutral hergestellt würden. Sie warb in ihrer Anzeige unter anderem mit der Aussage „Seit 2021 produziert Z. alle Produkte klimaneutral“. Über einen Verweis per QR-Code oder durch Eingabe die genannte Website von „ClimatePartner.com“ konnten weitere Information zur Klimaneutralität abgerufen werden (die Zeitungsanzeige gab für die Informationen selbst schlicht nicht genug Platz her). Der Kläger hält die Werbung für irreführend nach §§ 5 und 5a UWG und daher unlauter, weil die angesprochenen Verkehrskreise annehmen würden, der Herstellungsprozess selbst verlaufe emissionsfrei. Tatsächlich werde die Klimaneutralität aber allenfalls durch Kompensationszahlungen erreicht. Zumindest der Hinweis darauf, dass Klimaneutralität nur durch solche Kompensationszahlungen erreicht werde, müsse in der Werbung selbst erfolgen. Der Kläger sprach eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung aus; der Fall landete vor Gericht und kam schließlich in die Berufung vor dem OLG Düsseldorf.

Die Entscheidung

Das OLG Düsseldorf lehnte mit Urteil v. 06.07.2023 (Az. 20 U 152/22) Unterlassungsansprüche wegen irreführender Werbung gem. § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 UWG jedoch ab.

Eine Irreführung nach § UWG § 5 UWG liegt vor, wenn das Verständnis, das eine Angabe in dem angesprochenen Verkehrskreis erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Die sei nach Ansicht des Gerichts unter Verweis auf Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Frankfurt und Schleswig nicht der Fall, weil der Durchschnittsverbraucher den Begriff „klimaneutral“ im Sinne einer ausgeglichenen Bilanz der CO₂-Emissionen des Unternehmens verstünden, wobei ihnen bekannt sei, dass die Neutralität sowohl durch Vermeidung als auch durch Kompensationsmaßnahmen (z.B. Zertifikatshandel) erreicht werden kann.

Daneben ergäben sich auch keine Unterlassungsansprüche wegen dem Vorenthalten wesentlicher Informationen aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 5a Abs. 1 UWG. Nach § 5a Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer dem Verbraucher eine unter Berücksichtigung aller Umstände wesentliche Information vorenthält, die er benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Klimaneutralität eines Produktes sei zwar eine wesentliche Information, müsse aber nicht direkt auf dem Werbemittel angebracht sein. Dem Zeitungsleser sei vielmehr zuzumuten, für nähere Informationen eine ohne weiteres abrufbare Website aufzusuchen.

Die Revision zum BGH ist zugelassen.

Resümee

Innerhalb der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung stärkt das OLG Düsseldorf die Tendenz, den Begriff der „Klimaneutralität“ für Verbraucher nicht per se als irreführend einzuordnen. Vielmehr liegt der rechtliche Fokus mittlerweile darauf, ob die wesentlichen Informationen gem. § 5a UWG erstens leicht zugänglich mitgeteilt wurden und ob sie zweitens „vollständig“ waren. Hier reicht der Verweis auf die Informationsquelle zunächst aus. Dies hatte auch das LG Karlsruhe (Urt. v. 26.07.2023 – 13 O 46/22 KfH) so entschieden, war im Unterschied zum OLG Düsseldorf aber inhaltlich detailliert auf die dortigen Informationen eingegangen – und hat anhand dessen eine irreführende Werbung gem. § 5 UWG angenommen.