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Anwaltshaftung bei Verletzung von Hinweis- und Warnpflichten gegenüber dem Geschäftsführer

Entscheidung des BGH v. 29.06.2023 – IX ZR 56/22

Mandatsvertrag mit der Gesellschaft

In der Beratung der GmbH kommt ein Mandatsvertrag des Anwalts mit der Gesellschaft zustande.

Einbeziehung des Geschäftsführers in den Schutzbereich des Mandatsvertrags

Der BGH hat kürzlich die Frage entschieden, inwieweit – insbesondere im Kontext einer Insolvenz der GmbH – der Geschäftsführer in den Schutzbereich des mit der GmbH bestehenden Mandatsvertrags einbezogen ist. Dies hat der BGH in bestimmten Fällen bejaht und zwar grds. unabhängig davon, was Gegenstand der anwaltlichen Beratung ist. Allerdings hat er seine Entscheidung insoweit abgemildert, als dies nicht pauschal gelte, sondern vom Inhalt des Mandatsvertrags abhänge (BGH Urt. V. 29.06.2023 – IX ZR 56/22).

Hintergrund dieser Fallgestaltung ist stets derselbe, der auch im Zusammenhang mit der Haftung von Steuerberatern enorme Bedeutung hat. Der Geschäftsführer wird vom Insolvenzverwalter wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch genommen und nimmt im Anschluss den Rechtsanwalt oder Steuerberater in Haftung oder aber der Insolvenzverwalter macht die Ansprüche unmittelbar gegenüber dem Freiberufler geltend (vgl. insoweit auch die Entscheidung zur Haftung von Steuerberatern BGH Urt. V. 26.01.2017 – IX ZR 285/14). Eintrittspflichtig ist in diesen Fällen – soweit der Anspruch besteht – die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, so dass für die Insolvenzverwalter ein Ausfallrisiko bei der Geltendmachung der Ansprüche nicht besteht. Erforderlich ist insoweit, dass der Geschäftsführer in den Schutzbereich des mit der Gesellschaft begründeten Mandatsvertrags eingebzogen ist.

Dafür kommt es nach den Ausführungen des Senats darauf an, dass die vom Anwalt zu erbringende Rechtsdienstleistung auch dem Geschäftsführer Schutz vor möglichen Vermögensschäden vermitteln soll. Abzustellen ist dabie auf den objektive Empfängerhorizont (BGH Urt. V. 29.06.2023 – IX ZR 56/22).

Hinweispflicht aus § 15a InsO und § 102 StaRUG

Der BGH verwies in der Begründung seiner Entscheidung neben der sich aus § 15a InsO ergebenden Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags auch auf § 102 StaRUG.

Nach § 102 StaRUG haben Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Rechtsanwälte bei der Erstellung des Jahresabschlusses den Mandanten auf das Vorliegen eines möglichen Insolvenzgrundes hinzuweisen.

Eine Hinweispflicht sieht der BGH aber nicht, wenn dem Rechtsanwalt das Vorliegen des Insolvenzgrundes nicht bekannt ist – denkbar, wenn er nur mit der Durchsetzung einer Forderung beauftragt ist. Der Insolvenzgrund muss sich dem Rechtsanwalt im Rahmen der Beratung aufdrängen und er muss Grund zu der Annahme haben, dass der Geschäftsführer selbst kein Bewusstsein über den Insolvenzgrund und seine daraus abgeleiteten Pflichten hat (BGH Urt. v. 29.06.2023 – IX ZR 56/22).

Resümee

Eine Haftung droht damit weniger dem im Einzelfall mandatierten Rechtsanwalt, wohl aber dem im Dauermandat tätigen Rechtsanwalt, der die Hinweis- und Warnpflicht an dieser Stelle ernst nehmen sollte und im konkreten Fall – bei mangelnden insolvenzrechtlichen Kenntnissen – auf die Einbindung eines Fachanwalts für Insolvenzrecht drängen sollte und natürlich diesen Hinweis auch dokumentieren sollte.

Im Übrigen sollte im Rahmen der Vergütungsvereinbarung/Mandatsbedingungen der Drittschutz – insbesondere gegenüber Geschäftsführern – ausgeschlossen werden.