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Internationales Wettbewerbsrecht

Wettbewerbsrechtliche Sachverhalte erstrecken sich nicht immer nur auf einen Staat, sondern entfalten regelmäßig internationalen, europäischen Bezug. Das gilt gerade, wenn Werbung im Internet verbreitet wird.

Abmahnung in Europa

So kann es sein, dass eine Abmahnung wegen unzulässiger Werbung an einen in Spanien oder Österreich sitzenden Wettbewerber gerichtet werden soll. Das Wettbewerbsrecht ist in Europa nur teilweise durch EU-Recht harmonisiert, sodass sich bei der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung je nach Rechtsordnung andere Maßstäbe ergeben können. Es fragt sich also immer, welches nationale Wettbewerbsrecht anwendbar ist. Läuft es auf die Inanspruchnahme eines Gerichts wegen der unzulässigen Werbung hinaus, muss auch geklärt werden, welches Gericht örtlich zuständig ist.

Anwendbares Recht

Für die Frage, welches Wettbewerbsrecht zur Anwendung kommt, ist die sog. Rom-II-Verordnung (VO (EG) 864/2007) heranzuziehen. Dort beschreibt Art. 4 die allgemeine Kollisionsnorm für das Recht der unerlaubten Handlungen. Danach ist auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind. Es können sich aus der Rom-II-Verordnung aber aus speziellen Regeln ergeben.

Eine solche speziellere Regel ist Art. 6 Rom-II-Verordnung, der den Art. 4 präzisiert. Er besagt im Wesentlichen, dass das Recht des Staates anzuwenden ist, in dessen Gebiet sich die Beeinträchtigung der Wettbewerbsbeziehungen oder der kollektiven Verbraucherinteressen ereignet oder ereignen kann. Entscheidend ist der Markt (sog. Marktortprinzip). Bei Internetwerbung kann das weltweit sein (vgl. EuGH WRP 2017, 1465). Wenn eine Werbemaßnahme eine unbestimmte Vielzahl von Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern gleichzeitig in mehreren Staaten anspricht, spricht man von sog. Multi-State-Werbung. Wenn also bspw. die Werbung eines Österreichers einen Markt in Deutschland beeinträchtigen kann, ist (auch) deutsches Recht anwendbar.

Örtliche Zuständigkeit

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist für die Frage der örtlichen Zuständigkeit die Brüssel-Ia-Verordnung bzw. EuGVVO (VO (EU) Nr. 1215/2012) zu beachten.

Grundsätzlich ist ein gem. § 14 UWG, §§ 12 ff. ZPO örtlich zuständiges deutsches Gericht im Verhältnis zu ausländischen Gerichten auch international zuständig (vgl. BGH, Urt. v. 2.3.2010 – VI ZR 23/09), soweit keine vorrangigen Regelungen einschlägig sind (etwa aus EU-Recht).

Eine solche Vorrangregel folgt aus Art. 4 Brüssel-Ia-Verordnung, wonach Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines (anderen) Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen sind. Davon abweichend können sie gemäß Art. 7 Abs. 2 Brüssel-1a-Verordnung vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden, wenn eine unerlaubte, also auch wettbewerbsrechtliche Handlung (vgl. EuGH GRUR 2014, 806), den Gegenstand des Verfahrens bildet. Der Kläger kann wählen, den Beklagten am Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens (Handlungsort) oder am Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (Erfolgsort) zu verklagen. Der Erfolgsort liegt lt. BGH dann im Inland, wenn sich die Internetwerbung bestimmungsgemäß auf den inländischen Markt auswirken soll (BGH, Urt. v. 15.2.2018 – I ZR 201/16). Bei Verletzungen von Urheberrechten, Persönlichkeitsrechten, Geschäftsgeheimnisschutz oder geistigem Eigentum (insb. Markenrechten, Designrechten) kann sich jedoch abweichendes ergeben.

Fazit

Sobald grenzüberschreitende Sachverhalte ins Spiel kommen, eröffnet sich ein Dickicht von Kollisions- und Zuständigkeitsnormen. Diese gilt es genau zu prüfen.