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Arbeitsrecht in der Pandemie – Vereinbarkeit von Kurzarbeit und Rettungsschirm in der Vertragsarztpraxis

Auf der Grundlage des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes, dass am 27.03.2020 im Bundestag beschlossen worden ist, steht Vertragsärzten die Möglichkeit offen, eine Ausgleichszahlung von der Kassenärztlichen Vereinigung zu beanspruchen. Eingefügt wurde dazu im SGB V der § 87a Abs. 3b SGB V.

Darin heißt es auszugsweise: „Mindert sich das Gesamthonorar eines vertragsärztlichen Leistungserbringers um mehr als 10 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal und ist diese Honorarminderung in einem Fallzahlrückgang in Folge einer Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder eines anderen Großschadensereignisses begründet, kann die Kassenärztliche Vereinigung eine befristete Ausgleichszahlung an den vertragsärztlichen Leistungserbringer leisten. Die Ausgleichszahlung ist beschränkt auf Leistungen, die gemäß Abs. 3 Satz 5 und 6 außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vergütet werden. Die Ausgleichszahlung ist in der Höhe zu mindern, in der der vertragsärztliche Leistungserbringer Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz oder finanzielle Hilfen aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen erhält. (…)

Die Bundesagentur für Arbeit hat dies am 24.02.3030 zum Anlass genommen, um im Rahmen einer öffentlich nur auszugsweise vorliegenden internen Weisung mit der Nummer 75095/7506 klarzustellen, dass durch den für die Ärzteschaft in § 87a Abs. 3b SGB V geschaffenen Ausgleichsanspruch ein Anspruch geschaffen wurde, der den Arbeitsausfall ähnlich einer Betriebsausfallversicherung ausgleicht, weswegen kein Raum für die Zahlung von Kurzarbeitergeld bestünde.

In der Konsequenz sollte nun rückwirkend auf den 01.03.2020 Vertragsärzten der Zugang zum Kurzarbeitergeld versagt werden, geleistete Zahlungen sollen zurückgefordert werden.

Davon rückt die Bundesagentur für Arbeit nun offenbar wieder ab und hat mit der Weisung 202005005 vom 07.05.2020 klargestellt, dass Vertragsärzte grundsätzlich Kurzarbeitergeld erhalten können.

Auch bei der Bundesagentur für Arbeit hat sich damit die Erkenntnis durchgesetzt, dass vermeintliche Ausgleichszahlungen auf Basis des SGB V nicht sämtliche Einnahmeverluste von Vertragsärzten kompensieren. Sie greifen bspw. nicht für privatärztliche Tätigkeiten und IGeL-Leistungen.

Überdies erschien von Anfang an fraglich, ob sich der im SGB V geschaffene Ausgleichsanspruch tatsächlich mit einer Betriebsausfallversicherung gleichsetzen lässt. Aus der Gesetzesbegründung vom 16.03.2020 zum COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz folgt nämlich, dass durch die Einführung des Ausgleichsanspruchs nach § 87a Abs. 3b SGB V den Vertragsärzten die erheblichen Zusatzkosten zur Versorgung der Verdachts- und Erkrankungsfälle zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung erstattet werden sollen. Zusätzlich sei aber auch davon auszugehen, dass bei vertragsärztlichen Leistungserbringern wirtschaftliche Schäden auftreten, die in Patientenrückgängen in Folge der Pandemie begründet sind. Durch den Ausgleichsanspruch sollen die Vertragsärzte vor zu hohen Honorarminderungen bei verringerter Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen aufgrund von Patientenrückgängen infolge der Pandemie geschützt werden (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Gesetze_und_Verordnungen/GuV/C/Entwurf_COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz.pdf).

Die Zielrichtung des Ausgleichsanspruchs ist damit jedenfalls auch und im Unterschied zu einer Betriebsausfallversicherung die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung. Überdies ergibt sich bei der Betriebsausfallversicherung ein direkter Anspruch gegen die Versicherung, während der § 87a Abs. 3b SGB V nur die Grundlage dafür schafft, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen Ausgleichszahlungen leisten können. Ob und in welcher Höhe diese am Ende fließen, ist ungewiss. Vertragsärzte sind vor diesem Hintergrund gut beraten, die Rückforderung durch die Bundesagentur für Arbeit in jedem Einzelfall prüfen zu lassen, auch weil daran die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge hängt.

Auch die Bundesagentur für Arbeit geht auf Grundlage ihrer neuerlichen Weisung (202005005) nun schließlich davon aus, dass jeweils im Einzelfall zu prüfen ist, ob ein Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt und diesem Leistungen aus dem Schutzschirm (Ausgleichsanspruchszahlungen) nicht entgegenstehen.