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Satirische Werbung

Werbung mit satirischem Inhalt

Überblick

Werbung ist ein bunter, kreativer Bereich, in dem es erstens darum geht, Aufmerksamkeit zu erlangen, und zweitens darum, möglichst lange im Gedächtnis zu bleiben. Scheinbar nichts erscheint unmöglich; immer wieder werden geniale Werbeslogans und Botschaften kreiert – eine Kunstform. Während die einen schocken oder zum Nachdenken anregen, bringen andere den Adressaten zum Schmunzeln, Lächeln oder gar Lachen. Bisweilen findet sich auch Werbung, die satirischen Charakter hat, bei der eine (bekannte) Person zum Nutzen des Werbenden „durch den Kakao gezogen“ wird. Nicht selten müssen dann die Gerichte entscheiden, wie z.B. bei der Plakat-Werbung eines Autovermieters über einen Gewerkschafts-Chef als „Mitarbeiter des Monats“ (LG Leipzig, Endurteil vom 17.11.2017 – 08 O 2566/16; OLG Dresden, Urteil vom 21.08.2018 – 4 U 1822/17; Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.01.2019 – I ZR 155/18; BVerfG, Beschluss vom 22.01.2020 – 1 BvR 556/19).

Sachverhalt

Die Beklagte betrieb ein Mietwagengeschäft und war dabei als eines der größten Unternehmen der Branche tätig und bundesweit bekannt. Der Kläger war langjähriger Vorsitzender einer Gewerkschaft im Schienenverkehr. Diese Gewerkschaft streikte innerhalb von gut einem halben Jahr neun Mal mehrtägig und flächendeckend – mit der Folge, dass erhebliche Teile des Zug-Fernverkehrs bundesweit ausfielen und sich eine intensive öffentlichen Debatte entfaltete. Im Zusammenhang mit den vorgenannten Streiks veröffentlichte die Beklagte sodann eine Anzeige mit dem Bild des Klägers und dem Titel „Unser Mitarbeiter des Monats“ und kurz darauf eine weitere Anzeige mit Bild und dem Titel „Schon wieder Mitarbeiter des Monats“. Während manch schmunzelnder Betrachter hierfür einen Werbe-Preis verleihen würden, klagte der Gewerkschafts-Chef auf Unterlassung und Zahlung von Lizenzgebühren für die Bildbenutzung.

Entscheidung

Der Kläger brachte vor dem Landgericht Leipzig erstinstanzlich vor, in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht bzw. Recht am eigenen Bild verletzt zu sein (§ 823 Abs. 1 GG, Art. 2, 1 GG; § 22 KUG). Die Beklagte könne sich nicht auf die Meinungs- oder Pressefreiheit berufen, da sie das Bild des Klägers ausschließlich im eigennützigen Werbeinteresse genutzt habe. Auch eine satirische, also unter die Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG fallende, Auseinandersetzung mit dem Zeitgeschehen liege nicht vor. Die Beklagte verwies auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, wonach sie ausnahmsweise keine Einwilligung des Abgebildeten brauchte, weil es sich bei dem Bild des Klägers um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handele.

Das LG Leipzig wies die Klage als unbegründet ab (LG Leipzig, Endurteil vom 17.11.2017 – 08 O 2566/16) – die anderen Gerichte bestätigten diesen Richterspruch (OLG Dresden, Urteil vom 21.08.2018 – 4 U 1822/17; Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.01.2019 – I ZR 155/18; BVerfG, Beschluss vom 22.01.2020 – 1 BvR 556/19). Es sah die Einwilligung als entbehrlich nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an. ins Gewicht, dass die Werbeanzeige auch einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat. Das OLG Dresden führte dazu bestätigend aus, dass die Werbung sich im zeitlichen Zusammenhang mit den Streiks und der darüber in den Medien geführten Diskussion mit einem gesellschaftsrelevanten Thema von großem öffentlichem Interesse auseinandersetze und daher Teil der öffentlich geführten Auseinandersetzung sei. Es solle in spöttischer, satirischer Weise darauf aufmerksam gemacht werden, dass die flächendeckenden, wiederholten und langen Streiks nicht nur Auswirkungen auf das bestreikte Unternehmen, sondern auch dessen Kunden hatten, die daher vermehrt Mietwagen nutzen mussten und so zu Umsatzsteigerungen bei Mietwagenunternehmen führten. Indem die Beklagte das in ihrer Werbung aufgegriffen hat, habe sie zum öffentlichen Diskurs beigetragen (OLG Dresden, Urteil vom 21.08.2018 – 4 U 1822/17).

Resümee

Gerade im Bereich der Werbung spielen Grundrechte eine große Rolle – Meinungs- und Kunstfreiheit ermöglichen satirische Werbung verschiedenster Art. Dies gilt nicht nur für die Slogans selbst, sondern kann auch soweit gehen, dass Bildnisse einzelner (bekannter) Personen ohne Einwilligung verwendet werden dürfen. Aktuell (Stand 19.01.2024) wehrt sich übrigens ein deutscher Satiriker gegen die Werbung eines Imkers, die ihn in (vermeintlich) satirischer Weise „durch den Kakao“ (oder besser Honig?) zieht (s. LG Dresden, Az. EV 302529/23).