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Haftung des Patentanwaltes

Der Patentsenat des BGH (Beschluss vom 28.04.2020 – X ZR 60/19) hat in einem aktuellen Beschluss zu den Anforderungen an den Versand fristgebundener Schriftstücke durch den Patentanwalt Stellung genommen. Dabei sind die selben Grundsätze wie bei den Rechtsanwälten anzuwenden. Allerdings hat es sich der Senat nicht nehmen lassen, im Nebensatz (als sog. „obiter dictum“) den Streit über die Frage der aktiven Nutzungspflicht des beA bei defektem Faxgerät – zumindest vorläufig – zu entscheiden.

Ein Patentanwalt, der kurz vor Ablauf der dafür maßgeblichen Frist feststellt, dass die Telefax-Übermittlung einer Berufungsbegründung in einem Patentnichtigkeitsverfahren wegen nicht von ihm zu vertretender technischer Probleme voraussichtlich scheitern wird, ist nicht verpflichtet, nach einem Rechtsanwalt zu suchen, der den Versand für ihn über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) vornehmen kann.

Bei einer Übermittlung per Telefax hat der Versender mit der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übermittlung begonnen hat, dass unter normalen Umständen mit ihrem Abschluss vor 0 Uhr zu rechnen gewesen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn eine Übermittlungszeit von dreißig Sekunden pro Seite angesetzt wird und der sich daraus ergebende Wert im Hinblick auf die Möglichkeit einer anderweitigen Belegung des Empfangsgeräts sowie schwankende Übertragungsgeschwindigkeiten um einen Sicherheitszuschlag von etwa zwanzig Minuten erhöht wird.

Wenn es in dieser Situation aufgrund eines vom Patentanwalt nicht zu vertretenden technischen Defekt (vor allem auf der Empfängerseite des Gerichtes) kommt und die Frist nicht eingehalten werden kann, muss sich der Patentanwalt keinen Rechtsanwalt suchen, der den fristgebundenen Schriftsatz via beA einreicht. Ein Patentanwalt ist jedenfalls deshalb nicht verpflichtet, kurz vor Fristablauf von Telefax zu beA zu wechseln, weil ein solches Postfach nur für Rechtsanwälte eingerichtet ist.

So weit, so gut. Und dann gibt der BGH noch eine Einschätzung dazu ab, wie sich der Rechtsanwalt hätte verhalten müssen. Ist einem Rechtsanwalt die Übertragung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax nicht möglich, ist dieser verpflichtet, seinen Schriftsatz über das besondere elektronische Anwaltspostfach zu versenden (so hatte es das OLG Dresden entschieden; Beschluss v. 18.11.2019 – 4 U 2188/19). Dem angeschlossen hat sich das LG Krefeld (BeckRS 2019, 32256). Abweichend dazu hat jüngst das LG Mannheim entschieden, dass ein Rechtsanwalt nicht verpflichtet ist, auf das beA auszuweichen (LG Mannheim, Beschluss v. 17.01.2020 – 1 S 71/19). Dem stimmt der BGH – richtigerweise – jetzt zu: Es erscheine nämlich zweifelhaft, ob ein Rechtsanwalt, der sich für den Versand per Telefax entschieden hat, bei technischen Problemen kurz vor Fristablauf einen Übermittlungsversuch über das besondere elektronische Anwaltspostfach unternehmen muss. Dieses Medium steht zwar gemäß § 31a Abs. 1 BRAO jedem Rechtsanwalt zur Verfügung. Die relativ hohe Zahl an Störungsmeldungen, die für dieses System veröffentlicht werden, begründet aber Zweifel daran, ob es in seiner derzeitigen Form eine höhere Gewähr für eine erfolgreiche Übermittlung kurz vor Fristablauf bietet als ein Telefax-Dienst. So sind auf der Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer (https://bea.brak.de/category/aktuelle-meldungen) für März 2020 insgesamt zwölf Störungsmeldungen veröffentlicht, von denen sich vier auf Wartungsarbeiten und acht auf Anmeldeprobleme unbekannten Ursprungs beziehen.