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beA Nutzungspflicht: Berufung per Fax am LAG Schleswig-Holstein unzulässig

Die Arbeitsgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein hat bislang als einzige Gerichtsbarkeit seit dem 1.1.2020 eine aktive Nutzungspflicht für das beA eingeführt. Bislang bestand nur eine passive Nutzungspflicht, bundesweit verbindlich kommt die aktive Nutzungspflicht erst zum 1.1.2022. Die Länder können jedoch bereits jetzt die aktive Nutzungspflicht (auch für einzelne Gerichtszweige) vorziehen; so geschehen im nördlichsten Bundesland für die Arbeitsgerichtsbarkeit.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil vom 08.01.2020 abgewiesen. Gegen das ihr am 07.02.2020 zugestellte Urteil legte die Klägerin mit am (Montag) 09.03.2020 um 16.41 Uhr beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Telefax-Schreiben Berufung ein. Zwei Tage später ging die Berufungsschrift im Original bei dem Landesarbeitsgericht ein.

Die Frist zur Einlegung der Berufung begann mit der Zustellung des Urteils des Arbeitsgerichts am 07.02.2020 zu laufen. Die Rechtsmittelbelehrung war auch richtig, denn die Klägerin wurde zutreffend über das Rechtsmittel (Berufung), das Gericht (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein) und die Frist (ein Monat ab Zustellung) belehrt. Auch auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung, also auf die erforderliche Form, ist sie hingewiesen worden.

Seit dem 01.01.2020 gilt vor allen Schleswig-Holsteinischen Arbeitsgerichten§ 46 g ArbGG. Das ergibt sich aus der Landesverordnung über die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 13.12.2019. Danach können die dort genannten Personen, insbesondere also Rechtsanwälte, Syndikusrechtsanwälte und Behörden, die dort genannten Schriftsätze usw. nur noch elektronisch einreichen. Diese Pflicht betrifft auch ältere Verfahren und solche, die vom Gericht noch in Papierform geführt werden. Die Pflicht gilt auch für Parteien und Parteivertreter, die nicht aus Schleswig-Holstein kommen.

Dazu führt das LAG (LAG Schleswig-Holstein Beschl. v. 25.3.2020 – 6 Sa 102/20) sodann aus: § 46 g ArbGG gilt nicht nur im Urteilsverfahren vor den Arbeitsgerichten, sondern auch im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht. Zugegebenermaßen legt die systematische Einordnung der Norm ein anderes Ergebnis nahe. Denn die Vorschrift findet sich im ersten Abschnitt „Urteilsverfahren“, dort wiederum im ersten Unterabschnitt „Erster Rechtszug“. Hinzu kommt, dass § 64 Abs. 7 ArbGG, der § 46 g ArbGG nicht aufführt, allgemein als abschließend angesehen wird, was dafür spricht, dass die Nutzungspflicht für den elektronischen Rechtsverkehr sich in der arbeitsgerichtlichen Berufungsinstanz nicht nach § 46 g ArbGG richtet, sondern nach § 64 Abs. 6 ArbGG iVm mit § 130 d ZPO. Da diese zivilprozessuale Vorschrift bislang nicht in Kraft gesetzt worden ist, liegt hierin ein weiteres Argument dafür, dass die Nutzungspflicht für den elektronischen Rechtsverkehr vor dem Landesarbeitsgericht noch nicht besteht. Dieses Ergebnis hat der Gesetzgeber aber nicht gewollt. Es handelt sich um ein sogenanntes Redaktionsversehen. Dass sich die Nutzungspflicht für den elektronischen Rechtsverkehr im ersten Rechtszug nach § 46 g ArbGG richtet, nicht jedoch in der arbeitsgerichtlichen Berufungsinstanz, läuft der erkennbaren Regelungsabsicht des Gesetzgebers zuwider. Die Gesetzgebungsmaterialien lassen darauf schließen, dass der Regelungsbereich der in § 46 g ArbGG enthaltenen Regelung versehentlich nicht ausdrücklich auf die Berufungsinstanz erstreckt worden ist. Diese Auslegung vertritt auch das Ministerium für Justiz, Europa, Verbraucherschutz und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein; das Gericht hat sich dieser Auslegung angeschlossen. Die Revision wurde jedoch zugelassen.