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Freie Mitarbeit in Kanzleien

Der Status des Anwalts als arbeitnehmerähnliche Person

Mit dem Einsatz von Rechtsanwälten als Freien Mitarbeitern sind ohnehin erhebliche Haftungsrisiken auf sozialrechtlicher Ebene verbunden.

Auch arbeitsrechtlich ergeben sich allerdings Risiken für die Dienstnehmer, also die Kanzleien, wenn Ansprüche aus einer Stellung als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnlicher Person geltend gemacht werden.

Abgrenzung von Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnlicher Person

Im Gegensatz zum Arbeitnehmer ist die arbeitnehmerähnliche Person selbstständig. An die Stelle der für das Arbeitsverhältnis prägenden persönlichen Abhängigkeit tritt die wirtschaftliche Abhängigkeit (LAG Nürnberg, Beschluss v. 14.04.2021 – 4 Ta 148/20).

Auch für die arbeitnehmerähnliche Person ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nach § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG eröffnet. Dort heißt es auszugsweise: „Als Arbeitnehmer gelten auch …. sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind.“

Entscheidung des LAG Nürnberg (Beschl. v. 14.04.2021 – 4 Ta 148/20)

Jüngst hat das LAG Nürnberg entschieden, dass ein Rechtsanwalt dann als arbeitnehmerähnliche Person einzustufen ist, wenn er sämtliche Honorarforderungen gegen Zahlung eines monatlichen Fixums an die Kanzlei abtritt, um im Gegenzug deren Infrastruktur zu nutzen (LAG Beschluss v. 14.04.2021 – 4 Ta 148/20). Im Ergebnis war der Rechtsweg zu dem Arbeitsgericht also nach § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG eröffnet.

Der Sachverhalt stellte sich wie folgt dar:

Der Kläger war an drei Tagen in der Woche bei der Beklagten tätig. Für die Bearbeitung von Mandaten der Kanzlei erhielt er ein monatliches Fixum in Höhe von netto EUR 1.534,58 gegen Abtretung aller Ansprüche an die Beklagte. Für von ihm selbst akquirierte Mandate, die er sodann selbst bearbeitete, sollte er zusätzlich 25% der abgerechneten Rechtsanwaltsgebühren erhalten, was im Ergebnis zwischen den Parteien streitig war. Er war berechtigt, die Infrastruktur der Beklagten vollständig zu nutzen.

Verdient hat der Kläger nach eigenem Vortrag im Jahr 2015 allerdings nur das monatliche Fixum in Höhe von netto EUR 1.534,58. Zusätzlich hat er rund 8.000,00 an weiteren Einkünften erzielt. Aus diesen Einkünften habe er alle steuer- und vorsorge sowie berufsbedingten Aufwendungen tragen müssen, weswegen er wirtschaftlich von der Beklagten abhängig gewesen sei.

Vor dem Arbeitsgericht klagte er auf die Erteilung eines Zeugnisses und 25% aus allen Rechtsanwaltsgebühren aus von ihm bearbeiteten Mandaten für das Jahr 2015.

Die Beklagte war der Auffassung, der Kläger sei- wie bei einem Freien Mitarbeiter üblich – nach Belieben gekommen und gegangen, habe getan was er tun wollte und auch berechnet, was er berechnen wollte, also auch durchaus mehr als die behaupteten netto EUR 1.534,58 pro Monat.

Darauf kam es für die Bewertung des Gerichts allerdings schon deswegen nicht an, weil die Frage der wirtschaftlichen Abhängigkeit das maßgebliche Kriterium für die Einstufung des Klägers als arbeitnehmerähnliche Person war und für das Gericht auf der Hand lag. Schließlich hatte der Kläger im Jahr 2015 rund 70% seines Jahreseinkommens von der Beklagten bezogen hat, so dass deren Zahlungen seine wesentliche Existenzgrundlage ausmachten. Außerdem war er einem angestellten Rechtsanwalt vergleichbar schutzbedürftig, weil er in der Kanzlei, also bei der Beklagten, in seiner gesamten sozialen Stellung mit einem angestellten Rechtsanwalt in Teilzeit vergleichbar war. Denn seine Verdienstmöglichkeiten waren im Vergleich zu einem angestellten Rechtsanwalt bei größerem Zeitaufwand und übernommenem wirtschaftlichen Risiko nicht höher (LAG Beschluss v. 14.04.2021 – 4 Ta 148/20).

Bewertung

Für den Kläger lohnt es sich schon in zeitlicher Hinsicht für die Eröffnung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten zu streiten. Außerdem ist er damit jedenfalls zunächst einmal von der Pflicht zur Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses befreit, den er beim ansonsten zuständigen Landgericht hätte einzahlen müssen. Ungeachtet dieser prozesstaktischen Erwägungen bleibt der Einsatz von Rechtsanwälten als Freien Mitarbeitern stets ein risikobehafteter, wenngleich auch das LAG Nürnberg den Kläger in diesem Fall nicht als Arbeitnehmer eingestuft hat.