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Der Auskunftsanspruch nach DSGVO und die Frage des Schadensersatzes

Arbeitsgericht Oldenburg verurteilt Arbeitgeber zur Zahlung von EUR 10.000,00

Nach dem zwischenzeitlichen „Hype“ um die Instrumentalisierung des Auskunfts- und Kopieanspruchs nach der DSGVO im Arbeitsrecht ist ein wenig Ruhe eingekehrt in die Thematik. Auch, weil die Gerichte in der Vergangenheit mit der Anerkennung des immateriellen Schadensersatzes eher zurückhaltend umgegangen sind.

Eine neue Welle könnte sich nun aber nach einer aktuellen Entscheidung des ArbG Oldenburg Bahn brechen. Dieses hat einen Arbeitgeber zur Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes in Höhe von EUR 10.000,00 nach Art. 82 DSGVO verurteilt, weil einem Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO verspätet entsprochen worden ist (ArbG Oldenburg, Teilurt. v. 09.02.2023 – 3 Ca 150/21).

Begründung des Arbeitsgerichts Oldenburg

Aus Sicht des entscheidenden Gerichts habe der Kläger einen Schaden nicht darlegen müssen. Bereits die Verletzung der Auskunftspflicht, der der Arbeitgeber nicht binnen der Monatsfrist nach Art. 12 DSGVO nachgekommen sei, reiche aus. Das Gericht rekurrierte auf die Entscheidungen des BAG, wonach der Schadensersatzanspruch präventiven Charakter haben solle und insoweit eine abschreckende Wirkung entfalte (BAG Beschl. v. 26.08.2021 – 8 AZR 253/20, BAG Urt. v. 05.05.2022 – 2 AZR 363/21), obschon das BAG diese Frage gar nicht abschließend beschieden hat. Das ArbG Oldenburg ließ ausreichen, dass sich jedenfalls das BAG im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens so positioniert hatte, dass es der Darlegung eines erlittenen immateriellen Schadens nicht bedarf (ArbG Oldenburg, Teilurt. v. 09.02.2023 – 3 Ca 150/21).

Das BAG hatte in der 2022-er Entscheidung einen immateriellen Schadensersatzanspruch in Höhe von EUR 1.000,00 als nicht ermessensfehlerhaft zu niedrig eingeschätzt (BAG Urt. v. 05.05.2022 – 2 AZR 363/21). Auch damit setzte sich das ArbG Oldenburg auseinander und verwies insoweit darauf, dass der in dem Fall nicht vollständig erfüllte Auskunftsanspruch der Klägerin bezogen auf den nicht erfüllten Teil für die Klägerin eine relativ geringe Bedeutung gehabt habe (BAG Urt. v. 05.05.2022 – 2 AZR 362/21). Der Klägerin sei es maßgeblich nicht um Auskunft über ihre übrigen bei der Beklagten gespeicherten personenbezogenen Daten gegangen. Eben dies war aber Gegenstand des in Oldenburg zu entscheidenden Verfahrens. Dazu heißt es in den Entscheidungsgründen: „Bei der Bemessung der Höhe des Schadensersatzes hat die Kammer berücksichtigt, dass die Beklagte erstmals durch Übersendung des Anlagenkonvolutes am 05.02.2023 den Versuch unternommen hat, ihren Auskunftsverpflichtungen nach Artikel 15 Abs. 1 HS 2, Abs. 2 DSGVO nachzukommen. Jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt hat die Beklagte über ganze 20 Monate hinweg die sie treffende Auskunftspflicht nicht erfüllt, weshalb die Kammer den vom Kläger in Ansatz gebrachten Schaden in Höhe von EUR 500,00 pro Monat für nicht unangemessen erachtet hat“, ArbG Oldenburg Teilurt. v. 9.2.2023 – 3 Ca 150/21.

Entscheidungen anderer Gerichte

Der Höhe nach hielt das OLG Köln beispielsweise einen immateriellen Schadensersatz in Höhe von EUR 500,00 für ausreichend und angemessen in einem Fall, bei dem auf Seiten des Klägers ein Zeitverlust im Zusammenhang mit der Abwicklung eines Versicherungsschadens im Raum stand und ergänzend mit einem „Kontrollverlust“ über die Daten klägerseits argumentiert worden ist (OLG Köln, Urt. v. 14.07.2022 – 15 U 137/21).

Sichtweise des Generalanwalts beim EuGH

Die Entscheidung des EuGH auf den Vorlagebeschluss des BAG steht noch aus. Allerdings gibt es bereits den Schlussantrag des Generalanwalts zu einer Vorlage aus Österreich, der ausgeführt hat, dass für die Anerkennung eines Anspruchs auf Schadensersatz die bloße Verletzung der Norm als solche nicht ausreiche, wenn mit ihr keine materiellen oder immateriellen Schäden einhergehen (Generalanwalt beim EuGH, Schlussantrag v. 06.10.2022, BeckRS 2022, 26562). Weiter heißt es in dem Schlussantrag, dass sich ein immaterieller Schadensersatzanspruch nicht allein auf bloßen Ärger gründen könne (Generalanwalt beim EuGH, Schlussantrag v. 06.10.2022, BeckRS 2022, 26562).

Resümee

Wenn der EuGH dem Schlussantrag des Generalanwalts folgt, dann dürfte neben der Tatsache, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts Oldenburg eine Einzelfallenscheidung bleibt, dem Versuch der Geltendmachung eines immateriellen Schadensersatzanspruchs zu Instrumentalisierungszwecken in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen endgültig die Grundlage entzogen sein.