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Darf der Staat werben?

Wettbewerbsrecht und Staatsferne der Presse

Anzeigenwerbung in kommunalen Publikationen

Nicht nur private Unternehmen, sondern auch staatliche Träger treten in die Öffentlichkeit und teilen sich mit. Zu denken sei hier beispielsweise an Städte, die sich touristisch präsentieren und über das Internet oder Broschüren auf ihre touristischen Angebote hinweisen. Doch wann wird aus reiner Informationsgebung journalistische Presseinhalte? Jounalistische Inhalte der Öffentlichen Hand wären aufgrund des Grundsatzes der Staatsferne der Presse kritisch zu sehen. Ein solcher Fall beschäftigte kürzlich den BGH (Urt. v. 13.07.2023 – I ZR 152/21).

Sachverhalt

Die Gesellschaft, deren Gesellschafter die Landeshauptstadt München und die Stadtwerke München waren, betrieb und verantwortete den Internetauftritt muenchen.de. Dabei handelte es sich um das „offizielle Stadtportal“ für die Landeshauptstadt München. Es enthielt unter anderem die Rubriken „Rathaus“, „Branchenbuch“, „Veranstaltungen“, „Kino“, „Freizeit“, „Sehenswertes“, „Restaurants“ und „Shopping“. Einige münchner und überregionale Zeitungsverlage störten sich daran, hielten dies für wettbewerbswidrig und klagten im Anschluss an eine Abmahnung. Sie stützen sich auf §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 3a UWG iVm dem aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Gebot der Staatsferne der Presse. Die ersten beiden Instanzen gaben ihnen Recht.

Die Entscheidung

Nunmehr hat der BGH dazu Stellung bezogen und die Inhalte der Stadt München für zulässig erklärt (Urt. v. 13.07.2023 – I ZR 152/21). Im Wesentlichen hat er festgestellt, dass zu der mit Blick auf das Gebot der Staatsferne der Presse zulässigen Öffentlichkeitsarbeit der Kommune grundsätzlich auch das Stadtmarketing und die Tourismusförderung gehören. Bei dem Gebot der Staatsferne der Presse handele es sich um eine Marktverhaltensregelung iSv § 3a UWG. Für die konkrete Beurteilung kommunaler Publikationen mit Blick auf das Gebot der Staatsferne der Presse seien Art und Inhalt der veröffentlichten Beiträge auf ihre Zugehörigkeit zum Aufgabenbereich der Gemeinde zu untersuchen und unter Einbeziehung des äußeren Erscheinungsbilds eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Einzelne, die Grenzen zulässiger staatlicher Öffentlichkeitsarbeit überschreitende Artikel allein begründen keine Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse. Notwendig sei vielmehr eine wertende Betrachtung der Publikation insgesamt, bei der sich jede schematische Betrachtungsweise verbietet. Bei der Einzelfallprüfung sei entscheidend, ob der Gesamtcharakter der kommunalen Publikation geeignet ist, die Institutsgarantie des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zu gefährden.

Eine Anzeigenwerbung sei in einer kommunalen Publikation nur als fiskalisch motivierte Randnutzung zulässig. Für die Bestimmung einer zulässigen Randnutzung sei auf den Umfang der Anzeigenschaltung abzustellen. Die Randnutzung müsse als Annextätigkeit eine untergeordnete, quantitativ nachgeordnete Tätigkeit in innerem Zusammenhang mit der Hauptnutzung bleiben (so schon BGH, Urt. v. 20.12.2018 – I ZR 112/17). Nach allgemeinen Regeln unzulässige geschäftliche Handlungen der öffentlichen Hand seien bei der Prüfung eines Verstoßes gegen das Gebot der Staatsferne der Presse nicht in die Gesamtwürdigung bei § 3a UWG i.V.m. Art. 5 GG einzubeziehen. Vielmehr seien Wettbewerbsverstöße dieser Art nach den allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Regelungen, wie §§ 4 Nr. 4, 4a, 5 Abs. 1 oder § 5a Abs. 4 S. 1 UWG, zu beurteilen; sie könnten zudem nur zu einem Verbot des jeweils konkret angegriffenen Beitrags, nicht aber der kommunalen Publikation in der konkreten Verletzungsform insgesamt führen.

Resümee

Auch die Öffentliche Hand ist an Wettbewerbsrecht des UWG (z.B. Verbot der Irreführung, Mitbewerberbehinderung, aggressive Handlungen) gebunden. Im Hinblick auf die journalistische Betätigung bedeutet dies aber auch, dass sie das Gebot der Staatsferne der Presse zu beachten hat, wobei nach UWG unzulässige Handlungsweise hier nicht in die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind. Daher ist in diesem rechtssensiblen Bereich Vorsicht geboten; Bei Verstößen drohen Abmahnung und Klagen, insbesondere auf Unterlassung.