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Der Vermögensverfall des Rechtsanwaltes

Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts

Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach § 14 Nr. 7 BRAO zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b ZPO) eingetragen ist.

Vermutung des Vermögensverfalls

Ein Vermögensverfall ist anzunehmen, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, gerät und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Indizien sind die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (BGH NJW-RR 2000, 1228). Ein Vermögensverfall liegt bspw. vor, wenn zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheides gegen den Rechtsanwalt Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen offener Verbindlichkeiten iHv mindestens EUR 45.000 bestanden haben oder Steuerrückstände in sechsstelliger Höhe bestanden, die bereits zu einer Kontopfändung geführt hatten. Selbst auferlegte Beschränkungen des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts sind grundsätzlich nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen. Ein solcher Ausschluss einer Gefährdung setzt mindestens voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern. Maßnahmen, die zwar inhaltlich zum Schutz der Mandanteninteressen geeignet sind, deren Einhaltung aber nicht wirksam kontrolliert werden oder die jederzeit – unkontrolliert – beendet werden können, sind zum Ausschluss der Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nicht tauglich (BGH, Beschluss vom 14.04.2023 – AnwZ (Brfg) 4/23).

Widerlegung der Vermutungswirkung

Die Vermutungswirkung des § 7 Nr. 2 S. 2 BRAO kann der Rechtsanwalt bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung widerlegen. Der Rechtsanwalt genügt seiner Darlegungslast nur, wenn er seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend dartut und dabei eine Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobener Forderungen vorlegt und im Einzelnen konkret und nachvollziehbar vorträgt, ob Forderungen zwischenzeitlich getilgt worden sind oder in welcher Weise er bestehende Verbindlichkeiten zu tilgen gedenkt. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft kommt es auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens an. Die Beurteilung der danach eingetretenen Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten.

Grundsatz: Gefährdung

Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Die Gefährdung kann nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt hierfür die Beweislast trifft. Von einem solchen Ausnahmefall kann nur ausgegangen werden, wenn zum Zeitpunkt des Widerrufs eine sichere Prognose dahingehend getroffen werden kann, dass sich im zu entscheidenden Einzelfall die typischen Gefahren, die mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts verbunden sind, nicht realisieren werden (BGH Beschluss vom 01.09.2023 – AnwZ (Brfg) 21/23).