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Anwaltshaftung

Ein Rechtsanwalt muss die gängigen Datenbanken kennen und checken

Nach § 1 Abs. 3 BORA beraten und vertreten Rechtsanwälte ihre Mandanten in allen Rechtsangelegenheiten unabhängig und haben sie vor Rechtsverlusten zu schützen, rechtsgestaltend, konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten, vor Fehlentscheidungen durch Gerichte und Behörden zu bewahren und gegen verfassungswidrige Beeinträchtigung und staatliche Machtüberschreitung zu sichern. Haftungspräventiv muss jeder Rechtsanwalt dabei im Rahmen seiner Beratung die einschlägigen Datenbanken nach aktuellen Entscheidungen durchsehen, so das OLG Jena in seinem aktuellen Urteil (vom 26.1.2024 – 9 U 364/18).

Beratungspflichten

Zu den Beratungspflichten eines Rechtsanwalts bei Wegfall der Erfolgsaussicht eines Rechtsstreits nach Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung gehört es, dass dieser seine Mandantschaft auf die geänderte Rechtslage hinweist. Dazu hat das OLG Jena ein paar beachtenswerte Grundpfeiler anwaltlicher Haftung zementiert: 

  • Der Annahme der Aussichtlosigkeit der Rechtsverfolgung steht es vor allem nicht entgegen, dass sich der Bundesgerichtshof in einschlägigen Urteilen in Parallelverfahren nicht ausdrücklich mit der Vereinbarkeit seiner Entscheidung mit dem Unionsrecht auseinandergesetzt hat.
  • Die Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen eine letztinstanzliche Entscheidung rechtfertigt die Fortführung eines nach der einschlägigen Rechtsprechung der Fachgerichte aussichtslosen Rechtsstreits grundsätzlich nicht.
  • An der der anwaltlichen Beratung zugrunde zu legenden fehlenden Erfolgsaussicht der weiteren Rechtsverfolgung ändert auch die Tatsache nichts, dass die Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens in Parallelverfahren befürwortet haben.

Anwaltliche Recherchepflicht

Die aktuelle einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung hat ein auf das betroffene Rechtsgebiet spezialisierter Rechtsanwalt, der mit einer Vielzahl ähnlich gelagerter Verfahren mandatiert ist, im besonderen Maße zeitnah zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Beratung zu berücksichtigen. Er ist gehalten, sich über die online verfügbare Entscheidungsdatenbank des Bundesgerichtshofs über die fortlaufende Rechtsprechung zu informieren.

Konkret: Ein auf Kapitalanlagerecht spezialisierter Rechtsanwalt, der für die von ihm vertretenen Anleger massenhaft Güteanträge zur Hemmung der Verjährung gestellt hatte und bundesweit Klageverfahren betrieb, musste die Entwicklung der Rechtsprechung zu den Güteanträgen im besonderen Maße verfolgen. Dass im Jahr 2015 zahlreiche Revisions- bzw. Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren beim Bundesgerichtshof anhängig waren, bei denen (auch) die Hemmungswirkung von Güteanträgen gegenständlich war, musste einem auf diesem Feld tätigen Rechtsanwalt bekannt sein, so dass er die höchstrichterliche Entscheidung zu erwarten und zeitnah zur Kenntnis zu nehmen hatte. Dieser Zeitpunkt ist zum 30.09.2015 eingetreten.