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Parteizustellung einer einstweiligen Verfügung

Wirksame Vollziehung einer eV über das beA

Das OLG Dresden (Endurteil vom 22.8.2023 – 4 U 1179/23) hat entschieden, dass eine einstweilige Verfügung von Anwalt zu Anwalt (§ 14 BORA) über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) vollzogen werden kann. Dazu sei es ausreichend, wenn das Verfügungsurteil zusammen mit den verbundenen Signaturdateien zugestellt wird; eine weitere Beglaubigung sei nicht erforderlich.

Vollziehung möglich

Bei dem Verfügungsurteil handele es sich um ein elektronisches Dokument gem. § 130b ZPO, das somit nach § 169 Abs. 5 Nr. 1, 2. Alt. im Parteiwege zur Vollziehungs-Zustellung ohne Beglaubigung verwendet werden könne. Es herrschte jedoch ein – nicht entscheidungserheblicher – Streit über den Umfang der zugestellten Dateien (ob diese insoweit eine „bitgleiche Kopie des elektronischen Dokuments im Sinne des § 130 b ZPO“ oder nur eine „durch den Anwalt der Verfügungsklägerin mittels Signatur beglaubigte Abschrift des Urteils“ gewesen sei).

Grundlagen der Vollziehung

Die Vollziehung von Beschlüssen und Urteilen im einstweiligen Verfügungsverfahren stellt nicht erst seit der passiven Nutzungspflicht des beA ein wiederkehrendes (Haftungs-)Problem, es hat seitdem aber eine neue Dimension der Fehleranfälligkeit erfahren.

Die Amtszustellung des Urteils ist, weil sie nicht vom Willen des Verfügungsgläubigers abhängt, bekanntlich nicht ausreichend, um seinen Vollziehungswillen deutlich zu machen. Daher muss die Vollziehung einer auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügung aus dem Lager der Partei erfolgen. Dazu reicht es aus, wenn der Verfügungsgläubiger diese dem Verfügungsschuldner innerhalb der Monatsfrist im Parteibetrieb (§§ 936, 922 Abs. 2 ZPO) zustellt und damit von der einstweiligen Verfügung Gebrauch macht. Die Zustellung kann auch – bei entsprechender anwaltlicher Vertretung der Parteien – im Parteibetrieb von Anwalt zu Anwalt erfolgen (§ 195 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 172 ZPO) und ist – wie durch § 195 Abs. 2 Satz 2 ZPO klargestellt wird – auch gegen elektronisches Empfangsbekenntnis möglich.

Zustellung von Anwalt zu Anwalt (§ 14 BORA)

Zur Zustellung zum Zwecke der Vollziehung einer einstweiligen Verfügung von Anwalt zu Anwalt eignet sich gem. § 191 ZPO jede in § 169 ZPO vorgesehene Form. Ein Verfügungsurteil kann daher auch in beglaubigter elektronischer Abschrift (§ 169 Abs. 4 ZPO) oder als elektronisches Dokument, das bereits nach § 130b ZPO durch den erkennenden Richter qualifiziert elektronisch signiert ist (§ 169 Abs. 5 Nr. 1 ZPO) für die Vollziehungs-Zustellung verwendet werden. Gleiches gilt für gerichtliche Entscheidungen, welche nach der händischen Unterzeichnung der Richter gem. § 298a II 4 ZPO in die elektronische Form übertragen werden. Für die elektronische Zustellung eines nach § 130b ZPO errichteten Dokuments als „elektronisches Original“ oder „bitgleiche Kopie des Originals“ gem. § 169 Abs. 5 ZPO ist keine weitere Beglaubigung erforderlich, denn die Authentizität und Integrität des Dokuments ist bereits durch die vorhandene elektronische Signatur gewahrt (BT-Drucks. 17/13948, S. 34; BGH BeckRS 2019, 3278). Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die mit dem Dokument verbundenen Signaturdateien des Richters mit zugestellt werden. 

Eine andere Variante stellt die Zustellung elektronisch signierter Dokumente als beglaubigte elektronische Abschriften dar, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle versehen sind (§ 169 IV ZPO). Auch diese kann im Parteibetreib via beA gegen eEB zugestellt werden. Lediglich bei Papierausfertigungen muss der Rechtsanwalt für eine elektronische Zustellung eine den Anforderungen der § 169 IV oder V ZPO genügende Dateien anfordern oder andernfalls auf den herkömmlichen Weg der Zustellung via Gerichtsvollzieher zurückgreifen.

Im Kanzleialltag zu beachten ist daher, dass im beA die Funktion „Zustellung gegen eEB“ gewählt wird und die Signaturdatei des Gerichtes (Richter oder Geschäftsstelle) stets beigefügt wird. Der gegnerische Prozessbevollmächtigte hat sodann nach § 14 BORA eine berufsrechtliche Mitwirkungspflicht. Die Entgegennahme wird dann wirksam, wenn der Rechtsanwalt das Schriftstück mit Empfangswillen und höchstpersönlich entgegennimmt.