Nachdem der BGH (Urteil vom 22.3.2021 – AnwZ (Brfg) 2/20) erst kürzlich die „Sicherheit der Kommunikation über das beA“ bestätigt und der Rechtsanwaltskammer einen gewissen „Spielraum bei der technischen Ausgestaltung der Nachrichtenübermittlung mittels des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs“ zugebilligt hat, steht nunmehr die aktive Nutzungspflicht vor der Tür.
Es bleibt zu hoffen, dass sich die noch vor zwei Jahren geäußerten Bedenken, dass nicht davon ausgegangen werde könne, dass jeder Rechtsanwalt ohnehin bereits in der Lage wäre, unter Beachtung der technischen Rahmenbedingungen des § 130a ZPO elektronische Dokumente zu erstellen und diese in seiner Anwendung für das beA an das Gericht zu versenden bzw. (mit qualifizierter elektronischer Signatur versehen) versenden zu lassen (so damals das LG Mannheim, Beschluss vom 17.1.2020 – 1 S 71/19).
Passive Nutzungspflicht
Eine passive Nutzungspflicht gilt bekanntlich bereits seit dem 1.1.2018, d.h. der Rechtsanwalt muss an ihn gerichtete Nachrichten abrufen und ggfs. ein elektronisches Empfangsbekenntnis (eEB) abgeben. Einzelne Gerichtszweige (bspw. die Arbeitsgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein seit gut zwei Jahren oder die Arbeits-, Finanz- und Sozialgerichte in Bremen seit Januar 2021) haben bereits zuvor via Landesverordnung eine aktive Nutzungspflicht des beA eingeführt. Zum 1.1.2022 kommt diese aktive Nutzungspflicht nunmehr für alle Gerichtsbarkeiten (mit Ausnahme des BVerfG). Künftig bekommen auch die Steuerberater das beSt zum 1.1.2023 und sogar die Berufsausübungsgesellschaft – optional – das sog. „Gesellschaftspostfach“ zum 1.8.2022.
Erleichterung formale Anforderungen
Kurz vor Beginn der aktiven Nutzungspflicht hat der Gesetzgeber die formalen Anforderungen nochmals herabgesetzt und auch Ausweichmöglichkeiten geschaffen; der neue § 130d ZPO (Nutzungspflicht für Rechtsanwälte und Behörden) lautet ab dem 1.1.2022:
- Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln.
- Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig.
- Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.
Auch wurde die Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) nochmals angepasst; nunmehr muss – nach dem neuen § 2 ERVV – nicht mehr zwingend ein „druckbares, kopierbares und durchsuchbares Dokument“ eingereicht werden, es muss lediglich ein (idealerweise druckbares) „pdf“-Format sein. Auch werden keine großen Anforderungen mehr an die Dateinamen und Anlagenbezeichnungen gestellt, allerdings sollten diese aus eigenem Kontrollinteresse und zur Haftungsprävention sinnvoll vergeben werden. Dabei ist es auch unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordert dabei die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht erteilt wurde.