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Abmahnung wegen unlauterer Werbung in der LbmZ-VO (VO (EU) Nr. 609/2013)

Verstoß gegen Markverhaltensregeln

Beweislast bei Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke

Einleitung

Das Wettbewerbsrecht ist vielfältig – auch, weil es über den Rechtsbruch-Tatbestand des § 3a UWG die Einbeziehung unterschiedlichster Rechtsmaterie erlaubt. Das OLG Köln hatte nun einen Fall zu entscheiden, in dem es sich zur Darlegungs- und Beweislast von behaupteten Tatsachen und zum Anwendungsbereich der LmbZ-VO geäußert hat (OLG Köln, Urt. v. 28.02.2024 – 6 U 102/23).

Sachverhalt

Die Beklagte brachte ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (für eine bilanzierte Diät) in den Verkehr und bewarb es damit, dass es bei einem erhöhten Nährstoffbedarf bei Herzerkrankungen, insbesondere Herzrhythmusstörungen, angewendet werden soll. In der Kennzeichnung des Produkts war der Bestimmungszweck mit „zum Diätmanagement bei Herzerkrankungen, insbesondere Herzrhythmusstörungen“ wiedergegeben. Auf der Verpackung hieß es als wichtiger Hinweis, dass das Produkt als bilanzierte Diät unter ärztlicher Aufsicht zu verwenden und nicht als einzige Nahrungsquelle geeignet sei (OLG Köln, Urt. v. 28.02.2024 – 6 U 102/23). Der Kläger fand, dass das Produkt nicht die spezifischen rechtlichen Anforderungen erfülle, die an ein diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) zu stellen seien. Infolgedessen sei es als solches nicht verkehrsfähig und stelle die Bewerbung als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke auch eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise dar. Der Kläger sprach daher eine Abmahnung aus.

Nachdem das LG Köln (Urt. v. 12.07.2023 – 84 O 7/23) die darauffolgende Klage abgewiesen hatte, bestätigte das OLG Köln im Wesentlichen die Auffassung des Klägers und erkannte ihm einen Anspruch auf Unterlassung aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 iVm §§ 3 Abs. 1, 3a UWG iVm Art. 4 Abs. 1, 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 lit. g) der VO(EU) Nr. 609/2013 zu.

Entscheidung

Das OLG Köln (a.a.O.) stellte fest, dass den Hersteller und Inverkehrbringer eines diätetischen Lebensmittels zumindest eine sekundäre Darlegungslast dafür treffe, dass sein Produkt den Anforderungen des Art. 9 Abs. 1 LbmZ-VO und insbesondere gemäß allgemein anerkannten wissenschaftlichen Daten den spezifischen Ernährungsanforderungen der angesprochenen Nutzer entspricht. Weiter führte es aus, dass schon die zu weite und unspezifische Bezeichnung des Einsatzgebietes der Einstufung eines Produktes als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke entgegenstehen könne, wenn das Produkt nicht einen durch sämtliche angegebenen Krankheitsbilder ausgelösten spezifischen Nährstoffbedarf abdeckt. Als Grundlage der Entscheidung nahm das OLG Köln an, dass die Vorschriften der LmbZ-VO Marktverhaltensregeln gem. § 3a UWG seien. Nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGH GRUR 2022, 1765) seien diese Vorschrift und insbesondere der dort verwendete Begriff des sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarfs dahin auszulegen, dass ein Erzeugnis ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke darstellt, wenn krankheitsbedingt ein erhöhter oder spezifischer Nährstoffbedarf besteht, der durch das Lebensmittel gedeckt werden soll. Für eine solche Einstufung reiche es nicht aus, dass der Patient allgemein aus der Aufnahme dieses Lebensmittels deswegen Nutzen zieht, weil darin enthaltene Stoffe der Störung entgegenwirken oder deren Symptome lindern (EuGH GRUR 2022, 1765). Hier könne nicht angenommen werden, dass das Anwendungsgebiet für das Produkt angegebenen Krankheiten „Herzerkrankungen, insbesondere Herzrhythmusstörungen“ einen erhöhten oder spezifischen Nährstoffbedarf auslösen würden, der durch das Lebensmittel gedeckt werden soll. Insbesondere habe die Beklagte nicht hinreichend dargelegt, dass ihr Produkt unter die LbmZ-VO falle, obwohl sie insoweit mit einer sekundären Darlegungs- und Beweislast unterliege.

Resümee

Denjenigen, der den Anwendungsbereich eines Gesetzes behauptet, trifft dafür jedenfalls eine sekundäre Darlegungslast dafür, dass seine Behauptungen auch stimmen. Das entspricht allgemeinen Grundsätzen in vergleichbaren Anwendungsfällen des UWG. Um eine erfolgreiche Abmahnung möglichst zu vermeiden, empfiehlt es sich, im Vorfeld die Grundlagen und Beweisbarkeit der getroffenen Aussagen zu überprüfen.