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Werbung im Handwerk

Irreführende Werbung

Einleitung

Das OLG Karlsruhe hat sich in seinem Urteil vom 10.01.2024 (Az. 6 U 28/23) dazu positioniert, unter welchen Voraussetzungen eine nicht in Handwerksrolle eingetragene Friseurin Werbung für Dienstleistungen des stehenden Gewerbes machen darf.

Sachverhalt

Die beklagte Friseurin („mobile Friseurin“) warb im Internet auszugsweise mit: „Hi, ich bin X, Farbspezialistin und Mobile Friseurin. Ich bringe dir dein exklusives Friseurerlebnis zu dir nach Hause. Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen.“ Über den Internet-Auftritt konnte der Kunde u.a. Kontakt herstellen und Termine buchen. Sie war gemäß Reisegewerbekarte berechtigt, friseurhandwerkliche Dienstleistungen anzubieten. Allerdings war sie nicht in der Handwerksrolle eingetragen.

In demselben Gebiet betrieb der Kläger einen Friseursalon, der meinte, die Beklagte überschreite die Grenzen der Werbung für das Reisegewerbe. Durch die werbende Internetpräsenz werde herausgestellt, dass sich Interessierte unter Zuhilfenahme der vorgegebenen Angaben an die Beklagte wenden sollen, um sie mit der Leistungserbringung zu beauftragen. Dem umworbenen Kunden werde vermittelt, dass es sich bei den von der Beklagten ausgeführten Arbeiten um solche handele, die von einem Handwerksbetrieb im stehenden Gewerbe durchgeführt würden. Die gesetzlichen Beschränkungen durch eine Werbung zu umgehen, die ein stehendes Gewerbe suggerierte, sei irreführend und unlauter. Der Kläger sprach eine Abmahnung aus und klagte dann. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte u.a. zur Unterlassung verurteilt (LG Karlsruhe, Urt. v. 29.12.2022 – 15 O 32/22 KfH).

Entscheidung

Das OLG Karlsruhe hat die Berufung der Beklagten in geringem Umfang für begründet gehalten (Urt. v. 10.01.2024 – 6 U 28/23). Es stellte fest, dass zwar keine Irreführung nach § 5 UWG vorliegt, wohl aber ein Rechtsbruch nach § 3a UWG, sodass die Werbung letztlich unlauter sei. Die die beanstandete Werbung erwecke nicht den Eindruck, die Beklagte betreibe ein „stehendes Gewerbe“, weil der angesprochene Verkehr (Kunden), da sie sich als „mobile Friseurin“ bezeichnete. Ebenso wenig ließe die Werbung den angesprochenen Durchschnittsverbraucher (irreführend) darauf schließen, dass die Beklagte in die Handwerksrolle eingetragen sei oder aus anderen Gründen zum Betrieb eines niedergelassenen Friseursalons berechtigt sei.

Die Beklagte verstieß jedoch gegen § 3a UWG (Rechtsbruch) iV.m. § 3 HwO. Sie besaß zum Zeitpunkt der Werbung einen Gewerbebetrieb im Sinn von § 2 Abs. 1 S. 1 HwO, nämlich einen Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks, das handwerksmäßig betrieben wird und vollständig das in der Anlage A zur Handwerksordnung aufgeführte Handwerk der Friseure umfasst und unter keine der Ausnahmen nach § 2 Abs. 1 S. 2 HwO fällt. Die beanstandete Werbung war Teil des selbständigen Betriebs dieses Gewerbes durch die Beklagte. Ein solcher ist nach § 1 Abs. 1 S. 1 HwO nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften gestattet, wenn er als stehendes Gewerbe erfolgt. Dagegen habe die Beklagte verstoßen, weil ihr Betrieb durch die beanstandete Werbung die Schwelle zum stehenden Gewerbe überschritten habe, dessen Betrieb ihr mangels Eintragung verwehrt war. Entscheidend für die Abgrenzung des Reisegewerbes von der Ausübung des Handwerks im stehenden Betrieb sei lt. Bundesverfassungsgericht (Beschl. vom 27.04.2007 – 2 BvR 449/02), dass beim Reisegewerbe die Initiative zur Erbringung der Leistung vom Anbietenden ausgeht, während beim stehenden Handwerksbetrieb die Kunden um Angebote nachsuchen. Die Beklagte habe mit der beanstandeten Werbung in mehrfacher Hinsicht ihre werbende Tätigkeit dahin ausgeweitet, dass sie um die Initiative potentieller Kunden, nämlich die konkrete Kundennachfrage nach einem möglichen Friseurtermin, nachgesucht und somit für Leistungen eines stehenden Gewerbes geworben (OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.01.2024 – 6 U 28/23).

Resümee

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe ist streng und im heutigen Zeitalter kaum nachzuvollziehen. Dass Kontakt- und Terminbuchungsmöglichkeiten zum stehenden Gewerbe gehören, mutet weltfremd an – und passt nicht in die heutige mobile Arbeitswelt. Nichtsdestotrotz zeigt die Entscheidung, dass Werbung im Handwerk bzw. von Gewerbetreibenden nicht unterschätzt werden darf.

Interessant auch in diesem Zusammenhang ist das Urteil des OLG Jena (Urt. 26.11.2008 – 2 U 438/08), das zu der Ansicht gelangte, dass die Bewerbung einer Tätigkeit im Reisegewerbe mit Angaben, die beim Durchschnittsverbraucher den Eindruck erwecken, es würde befugt ein stehendes Gewerbe ausgeführt, irreführend sei.