Signaturdaten erforderlich
Einleitung
Die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung im elektronischen Rechtsverkehr kann durchaus tricky sein und birgt daher ihre Risiken. Kürzlich berichtete RA Günther über einen Fall des OLG Dresden, das die Frage aufgeworfen hatte, ob es zur wirksamen Vollziehung einer einstweiligen Verfügung ausreiche, wenn die Signaturdaten von Richter oder Geschäftsstelle im Wege der Parteizustellung nach § 195 ZPO nicht mitübermittelt werden. Das Landgericht Frankfurt am Main hat diese Frage nun dahingehend beantwortet, dass dies nicht ausreiche.
Rechtsprechung
Das OLG Dresden hat die Frage aufgeworfen, ob die Übermittlung der Signaturdateien nötig ist (Endurt. v. 22.08.2023 – 4 U 779/23). Für die Vollziehung einer auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügung reiche es aus, wenn der Verfügungsgläubiger diese dem Verfügungsschuldner innerhalb der Monatsfrist im Parteibetrieb zustellt und damit von der einstweiligen Verfügung Gebrauch macht. Die Amtszustellung des Urteils sei, weil sie nicht vom Willen des Verfügungsgläubigers abhängt, demgegenüber nicht ausreichend, um seinen Vollziehungswillen deutlich zu machen. Sind beide Parteien anwaltlich vertreten, könne die Zustellung im Parteibetrieb von Anwalt zu Anwalt erfolgen und sei auch gegen elektronisches Empfangsbekenntnis möglich. Zur Zustellung zum Zwecke der Vollziehung einer einstweiligen Verfügung von Anwalt zu Anwalt eigne sich gem. § 191 ZPO jede in § 169 ZPO vorgesehene Form. Ein Verfügungsurteil könne daher auch in beglaubigter elektronischer Abschrift oder als elektronisches Dokument, das bereits nach § 130b ZPO durch den erkennenden Richter qualifiziert elektronisch signiert ist für die Vollziehungs-Zustellung verwendet werden. Für die elektronische Zustellung eines nach § 130b ZPO errichteten Dokuments als „elektronisches Original“ oder „bitgleiche Kopie des Originals“ sei keine weitere Beglaubigung erforderlich, denn die Authentizität und Integrität des Dokuments sei bereits durch die vorhandene elektronische Signatur gewahrt. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass die mit dem Dokument verbundenen Signaturdateien mit zugestellt werden.
Das Landgericht Frankfurt am Main hat nun ebenfalls festgestellt, dass zur wirksamen Vollziehung die Signaturdaten des Gerichts erforderlich sind (Az. 3-09 O 39/24). Nur durch die Übermittlung der Signaturdatei sei der empfangenden Partei eine Prüfung der Authentizität und Integrität des übermittelten Dokumentes möglich, weshalb weder das Empfangsbekenntnis noch die Einlegung des Widerspruchs eine Heilung des Zustellungsmangels nach § 189 ZPO begründen könnten. Für den Widerspruch ergebe sich dies bereits daraus, dass es der empfangenen Partei unbenommen sein muss, den existenten Beschluss über die einstweilige Verfügung mit allen gesetzlichen Rechtsmitteln anzugreifen und im Rahmen des Widerspruchs unter anderem das Versäumnis der fristgemäßen Verfügungsvollziehung geltend zu machen.
Resümee
Die Vollziehung einstweiliger Verfügungen ist auch im elektronischen Wege mit vielen Risiken behaftet. Fehlen bei einem elektronischen „Original“-Dokument die Signaturdateien des Gerichts, wurde nicht wirksam vollzogen.