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Lang erwartet – kommt die große BRAO-Reform 2020?

Das Bundesjustizministerium hat bereits am 28.08.2019 Eckpunkte für eine große BRAO-Reform vorgelegt.

Diese setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen, die alle miteinander durchaus geeignet sind, die Anwaltschaft drastisch zu verändern und ihr das nötige Rüstzeug für den Erhalt und den Ausbau ihrer Wettbewerbsfähigkeit – nicht zuletzt gegenüber den aufstrebenden Legal-Tech Dienstleistern – mitzugeben.

Als ein Element der Reform soll das anwaltliche Gesellschaftsrecht derart erweitert werden, dass sämtliche deutschen und europäischen gesellschaftsrechtlichen Rechtsformen auch für anwaltliche Berufsausübungsgesellschaften geöffnet werden.

Der Weg wäre damit endlich auch für Anwälte frei, sich in der Rechtsform der GmbH & Co. KG zusammenzuschließen. Dies war bisher ein Privileg der Steuerberater, auf das Anwälte mit neidischem Blick geschielt haben. Somit gäbe es erstmals die Möglichkeit zur Gründung einer Personengesellschaft mit umfassender Haftungsbeschränkung.

Ein anderes (zentrales) Element bildet die Öffnung der interprofessionellen Zusammenarbeit. So soll es Anwälten und Anwältinnen möglich sein, mit allen „vereinbaren“ Berufen zusammenzuarbeiten, also solchen, die auch von Anwältinnen und Anwälte im Zweiberuf ausgeübt werden dürfen. Dies sind zunächst einmal die in § 203 Abs. 1 Nr. 1-3 StGB genannten Kammerberufe, wobei eine weitere Öffnung zu anderen Berufen nicht ausgeschlossen scheint.

Streitig ist noch die Frage nach einer Lockerung des Fremdbesitzverbots, also einer Öffnung von Anwaltsgesellschaften für nicht anwaltliche Investoren. In Australien und Großbritannien längst üblich, soll auch hierzulande diese Hürde fallen und damit ein Stück weit die Wettbewerbsfähigkeit klassischer anwaltlicher Dienstleistungen gegenüber den im Rahmen einer Inkasso-Lizenz arbeitenden Legal-Techs verbessert werden.

Der DAV will eine Öffnung nur für Legal-Tech-Kanzleien. Das Bundesjustizministerium will an dem Fremdbesitzverbot offenbar grundsätzlich festhalten aber in zwei Punkten eine Öffnung prüfen lassen: Zum einen für Legal-Tech Kanzleien und zum anderen für nicht mehr aktiv tätige Gesellschafter (z.B. ausgeschiedenen Gesellschaftern), die mit nicht mehr als 25 % an der Gesellschaft beteiligt sind. Der Letzt genannte Vorschlag war bereits in dem ursprünglichen „Henssler Papier“ (AnwBl 2018, 564) enthalten, dass für den DAV und als Grundlage der DAV Stellungnahme verfasst worden war, wobei der DAV selbst diesen Vorschlag nicht übernommen hat (DAV Stellungnahme Nr. 08/2019). Die Lockerung des Fremdbesitzverbots für „Legal-Tech-Kanzleien“ wird vom DAV abgelehnt. Eckpunkt Nr. 7 aus dem Haus des Ministeriums lautet insoweit: „Es wird auch geprüft, ob reine Kapitalbeteiligungen mit dem Ziel erlaubt werden können, alternative Finanzierungswege durch Wagniskapital für solche Rechtsanwältinnen- und Rechtsanwälte zu eröffnen, die z.B. im Bereich von Legal Tech hohe Anfangsinvestitionen erbringen müssen, um neue Rechtsdienstleistungsangebote erbringen zu können“, (Eckpunktepapier des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, abzurufen unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/Eckpunkte_Berufsrecht_Berufsaus%C3%BCbungsgesellschaften.pdf;jsessionid=19C413B3083F6EBBD2DEF293E714016A.2_cid289?__blob=publicationFile&v=1).

Vom DAV wird dies abgelehnt. Dieser Verweigerungshaltung hat sich auch die Kammer Hamm angeschlossen, die in einem Schreiben an die BRAK formuliert hat: „Jegliche Form der Kapitalbeteiligung, sei es in Form der Fremdkapitalbeteiligung oder auch in Form der Wagniskapitalbeteiligung, im Wege der zweckgebundenen Beteiligung, ist strikt abzulehnen“ (https://www.lto.de/recht/juristen/b/eckpunkte-brao-reform-venture-capital-legal-tech-fremdbesitzverbot-kapitalbeteiligung/).

Die Frage des Fremdkapitaleinsatzes und der Grenzen dessen, was dann vielleicht zugelassen wird, dürfte jedenfalls die dominierende Fragestellung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens werden und hier bleibt spannend, wie auch und nicht zuletzt im Lichte des Art. 12 GG und unter Berücksichtigung des zunehmend stärkeren Konkurrenzdrucks durch Inkassounternehmen, der Gesetzgeber einen Weg findet, die Balance zwischen der Moderne und den Besitzstandswahrern zu finden.