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Der Handelsvertreter im Kurzüberblick

I. Einordnung und Definition

Vorschriften zum Handelsvertreter finden sich in §§ 84 ff. HGB. Das Gesetz selbst definiert, was ein Handelsvertreter ist: Gem. § 84 Abs. 1 HGB ist Handelsvertreter, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen (Wiederum selbständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann). Wer hingegen nicht selbstständig ist, aber ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter (man könnte vom „unselbstständigen Handelsvertreter“ sprechen).

II. Tätigkeiten

Seien es Waren oder Dienstleistungen – Handelsvertreter gibt es in vielen Branchen; am bekanntesten dürfte der Versicherungsvertreter sein. Dies passiert auf Grundlage eines Vertrages, den ein Unternehmen mit einem Handelsvertreter schließt, und diesen mit der Geschäftsbesorgung „beauftragt“. Hierbei handelt es sich um einen Dauerbeziehung zwischen den Parteien. Die Beendigung von Handelsvertreterverträgen regelt § 89 HGB; Sie erfolgt durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung oder durch Zeitablauf. Dabei sind unter Umständen gesetzliche Kündigungsfristen einzuhalten. Bei der Vertragsgestaltung bietet sich die Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote an. § 90a HGB will dabei die berechtigten Interessen sowohl des Unternehmers als auch des Handelsvertreters Rechnung berücksichtigen (Karenzentschädigung im Gegenzug für Wettbewerbsabrede).

III. Kernpflichten

Kernpflichten des Handelsvertreters sind Absatzmittlung, Verschwiegenheit und Benachrichtigung.

Die Hauptpflicht des Handelsvertreters besteht darin, sich um die Absatzmittlung zu kümmern, was entweder in Form der reinen Vertragsvermittlung mit dem Kunden oder zusätzlich auch dem Abschluss des Geschäfts selbst geschehen kann (sog. Abschlussmakler), §§ 86 Abs. 1 HS. 1, 84 Abs. 1 HGB. Die näheren Umstände ergeben sich aus dem Vertrag zwischen Handelsvertreter und Unternehmer. Bei seiner Tätigkeit kommt der Handelsvertreter mit vielen internen, vertraulichen oder persönlichen Informationen in Berührung. Selbstverständlich ist er hier gegenüber Dritten zur Verschwiegenheit verpflichtet, vgl. § 86 Abs. 1 HS. 2 HGB. Auch im Hinblick auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse treffen ihn Verschwiegenheitspflichten, vgl. § 86 Abs. 1 HS. 2 HGB.

Kommt es zu einer Geschäftsvermittlung oder einem Geschäftsabschluss, muss der Handelsvertreter den Unternehmer unverzüglich darüber benachrichtigen, § 86 Abs. 2 HGB.

IV. Kernrechte

Wichtigste Rechte des Handelsvertreters sind der Provisionsanspruch und der Ausgleichsanspruch. Der Provisionsanspruch nach § 87 HGB entsteht für Vermittlung und/oder Abschluss von Geschäften. Zusätzlich darf er die handelsüblichen Aufwendungen ersetzt verlangen, § 87d HGB.

Nach Beendigung des Handelsvertretervertrages kann der Handelsvertreter in den Grenzen des § 89b HGB noch einen Ausgleichsanspruch gegen den Unternehmer geltend machen. Voraussetzung sind:

  1. Vertragsbeendigung
  2. (Erhebliche) Vorteile des Unternehmers
  3. Billigkeit

Gleichwohl kann der Anspruch nach § 89b Abs. 3 HGB ausgeschlossen sein. Das Gesetz nennt die (alternativ zu verstehenden) Gründe dafür:

  1. Der Handelsvertreter hat das Vertragsverhältnis gekündigt (es sei denn, dass ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlass gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann).
  2. Der Unternehmer hat das Vertragsverhältnis gekündigt und für die Kündigung lag ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vor.
  3. Auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter tritt ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis ein (die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden).

V. BGH: Keine Analogiefähigkeit des § 89b Abs. 3 HGB

Bei § 89b Abs. 3 HGB handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, die restriktiv auszulegen ist. Dennoch hatte der BGH in der Vergangenheit – in engen Ausnahmen – die Analogiefähigkeit des § 89b Abs. 3 HGB für manche Konstellationen bejaht (s. etwa BGH, Urt. v. 13.12.1995 – VIII ZR 61/95). Mit Urteil vom 5.11.2020 (VII ZR 188/19) hat der BGH nun seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben: Eine Analogiefähigkeit kommt jedenfalls im Anwendungsbereich von Art. 18 der EWG-Richtlinie 86/653 des Rates vom 18.12.1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbstständigen Handelsvertreter (ABl. 1986 L 382 vom 31.12.1986 S. 17) nicht mehr in Betracht. Künftig sind „Analogie-Konstellationen“ über die allgemeine Billigkeitsregel des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB zu lösen. Die genaue Begründung des BGH und die Auswirkungen auf Rechtsberatungs- und Gerichtspraxis stellen wir in der NWB Heft Nr. 33 aus 2022, 2358 näher dar.