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Betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) als Voraussetzung einer personenbedingten Kündigung?

Die krankheitsbedingte Kündigung

Im Dreiklang der Kündigungsgründe: verhaltensbedingt, betriebsbedingt und personenbedingt kommt letzterer Bedeutung im Zusammenhang mit der krankheitsbedingten Kündigung zu.

Betriebliches Eingliederungsmanagement

Nach § 167 Abs. 2 S. 1 SGB IX sind Arbeitgeber zur Durchführung eines sog. bEM verpflichtet, wenn Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Erklärtes Ziel eines bEM ist es sodann, die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann „abzuklopfen“.

Regelmäßig stellt sich im Zusammenhang mit der Überlegung zum Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung vor diesem Hintergrund die Frage, ob ein bEM zwingend vor Ausspruch der Kündigung durchzuführen ist.

Veränderung der Beweislast des Arbeitgebers bei unterlassenem bEM

Eine Entscheidung des LAG Hamm stellt nochmals klar, dass die Durchführung eines bEM nicht Wirksamkeitsvoraussetzung einer Kündigung ist (LAG Hamm, Urt. v. 03.11.2023 – 13 Sa 453/23). Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass aufgrund der Auswirkungen für die Prozessführung im Kündigungsschutzverfahren für den Arbeitgeber faktisch kein Weg an einem bEM vorbeigeht. Denn die Nichtdurchführung wirkt sich auf Ebene der Beweislast drastisch zu Lasten des Arbeitgebers aus.   Regelmäßig trägt der Arbeitgeber für die Umstände, die nach § 1 Abs. 2 KSchG die Kündigung bedingen, die Darlegungs- und Beweislast. Das gilt auch für das Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit (LAG Hamm, Urt. v. 03.11.2023 – 13 Sa 453/23). Hat der Arbeitgeber es entgegen den Vorgaben des § 167 Abs. 2 S. 1 SGB IX unterlassen, ein bEM durchzuführen, hat der Arbeitgeber darzulegen, warum auch mit Hilfe eines bEM keine Möglichkeiten erkannt worden wären, die Kündigung durch angemessene mildere Maßnahmen zu vermeiden (LAG Hamm, Urt. v. 03.11.2023 – 13 Sa 453/23). Anders ist es hingegen, wenn ein bEM durchgeführt worden ist. In dem Fall kann der Arbeitgeber in einem ersten Schritt darauf beschränken, auf eine fehlende alternative Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer zu verweisen. Der Arbeitnehmer muss dann hierauf konkret erwidern, insbesondere darlegen, wie er sich eine Änderung des bisherigen Arbeitsplatzes oder eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, die er trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung ausüben könne. Erst dann ist es Sache des Arbeitgebers, hierauf zu erwidern und gegebenenfalls darzulegen, warum auch eine solche Beschäftigung nicht möglich sei (OLG Hamm, NZA 2024, 562, beck-online).

Resümee

Arbeitgeber sind daher gut beraten, vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung jedenfalls den Prozess des betrieblichen Eingliederungsmanagements auf den Weg zu bringen. Wenn der Arbeitnehmer in diesem Fall seine Mitwirkung verweigert, steht dies der ordnungsgemäßen Durchführung des bEM gleich (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.7.2017, BeckRS 2017, 134433 Rn. 128).