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Berufsrecht: Haftung des Rechtsanwalts bei Faxversand zur Fristwahrung

ZUR ENTSCHEIDUNG DES BGH BESCHL. V. 15.09.2020 – VI ZB 60/19

Der Faxversand zur Fristwahrung ist trotz beA noch lange kein Auslaufmodell und beschäftigt die Rechtsprechung weiter. In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH die Sorgfaltspflichten des Anwalts im Hinblick auf den Versuch, ein Fax zur Fristwahrung bei Gericht einzureichen, für den Fall konkretisiert, dass das Gericht über mehrere Faxnummern verfügt.

Im konkreten Fall hatte der Rechtsanwalt versucht, sein Berufungsbegründung per Fax an die Zweigstelle des OLG Frankfurt am Main in Darmstadt zu senden. Begonnen hatte er damit um 23:43, wobei sein Fax so eingestellt gewesen sei, dass es automatisch vier weitere Wahlversuche unternehme und erst dann den Sendeauftrag abbreche. Tatsächlich sind nach dem Fax-Journal des Empfangsgeräts um 23:40 neuneinhalb von zwölf Seiten eingegangen, allerdings natürlich ohne die auf der letzten Seite befindliche Unterschrift des Anwalts. Erst am Folgetag um 00:13 ist die vollständige Berufungsbegründung per Fax bei der Hauptstelle des OLG in Frankfurt am Main eingegangen.

Über den Widereinsetzungsantrag war durch den BGH im Rahmen der Rechtsbeschwerde zu entscheiden.

Der BGH hat zunächst ausgeführt, dass bei dem fristwahrenden Faxversand Verzögerungen einkalkuliert werden müssten, bspw. wegen eines bei Gericht belegten Faxgeräts. Es ist daher ein Sicherheitszuschlag von rund 20 min einzuplanen (BGH Beschl. v. 15.09.2020 – VI ZB 60/19).

Stellt sich sodann heraus, so der BGH weiter, dass ein erfolgreicher Versand scheitert, muss der Versender alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Fristwahrung ergreifen. Dazu gehörte im konkreten Fall die Pflicht, eine weitere Faxnummer des Gerichts in Erfahrung zu bringen und den Schriftsatz dorthin zu versenden (BGH Beschl. v. 15.09.2020 – VI ZB 60/19). Dies war nach Auffassung des BGH ganz besonders in dem hier zu beurteilenden Sachverhalt gebotenen, wo das Gericht über eine Außen– und eine Hauptstelle verfügt und daher offenkundig mehr als einen Faxanschluss hat.

Nachdem der Rechtsanwalt nicht rechtzeitig seine noch in der Warteschlänge befindlichen Versandversuche nach Darmstadt abgebrochen hatte, obschon er sich zu diesem Zeitpunkt bereits entschlossen hatte den Versuch zu unternehmen nach Frankfurt zu faxen, hat er schuldhaft seine Sorgfaltspflichten verletzt, so dass Widereinsetzung nicht zu gewähren war. Der BGH unterstellte, dass die Berufungsbegründung, deren Versand unter zwei Minuten gedauert hatte, noch rechtzeitig eingegangen wäre, wenn es nicht weitere vergebliche Faxversuche nach Darmstadt gegeben hätte, bevor der Faxversand nach Frankfurt erfolgte.