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Wettbewerbsverstöße bei Rechtsbruch nach § 3a UWG

Abmahnung bei Rechtsverstößen

I. Marktverhaltensregeln im Geschäftsverkehr

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) beinhaltet in § 3a UWG eine Öffnungsklausel, die es ermöglicht, Verstöße gegen unterschiedlichste Gesetze abzumahnen. Im Kern regelt § 3a UWG, dass, wenn jemand ein Gesetz bricht, welches eine sog. „Marktverhaltensregel“ darstellt, das Sanktionsinstrumentarium des UWG Anwendung findet (s. insb. § 8 UWG – Beseitigung und Unterlassung – und § 12f. UWG – Schadensersatz). Dies eröffnet vielerlei Möglichkeiten, seine Konkurrenz bei Rechtsbrüchen zu „zähmen“, also eine Abmahnung wegen Wettbewerbsverstößen auszusprechen.

Was ist eine Marktverhaltensregel gem. § 3a UWG?

Als Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf einem Markt anzusehen, die objektiv der Förderung des Absatzes oder Bezugs dient und durch die ein Unternehmer auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt und dazu bestimmt ist, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer zu regeln. Es gilt, jede Norm einzeln auf diese Anforderungen hin zu prüfen. Mittlerweile sind verschiedenste Gesetzesnormen anerkannt, auch solche für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), §§ 307 ff. BGB.

Beliebt: Abmahnung bei Online-Handel im Internet

Besonders beliebt ist es im elektronischen Geschäftsverkehr – vor allem bei Online-Händlern auf Online-Marktplätzen (marketplaces) – Verstöße gegen AGB, das Verpackungsgesetz, Elektrogesetz und auch das Batteriegesetz bei der Konkurrenz/Mitbewerbern abzumahnen.

II. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

(Fast) jeder Unternehmer bedient sich heutzutage einheitlicher vertraglicher Regelungen – Allgemeiner Geschäftsbedingungen (vgl. §§ 307ff. BGB). Die einen sind besser als die anderen. Und so kommt es unweigerlich, dass manch konkurrierender Online-Händler Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, die rechtlich zumindest zweifelhaft oder sogar eindeutig unwirksam sind. Wenn das so ist, kann der Konkurrent ggf. deswegen eine Abmahnung aussprechen. Der BGH hat dies abgesegnet und die Verwendung gem. §§ 307 ff. oder 475 BGB unwirksamer AGB für abmahnfähig erklärt (vgl. nur BGH GRUR 2010, 1117 – Gewährleistungsausschluss im Internet; BGH GRUR 2012, 949 – Missbräuchliche Vertragsstrafe).

III. Verpackungsgesetz (VerpackG)

Das Verpackungsgesetz (VerpackG) löst seit 01.01.2019 die Verpackungsverordnung ab und regelt als Spezialnorm zu den Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzen, wer die Verantwortung für die Entsorgung von verschiedenen Verpackungsarten trägt. Hier geht es um Anfall-Recycling – und letztlich auch um Umweltschutz. Besonders wichtig ist dabei die ordentliche Anmeldung der Verpackung zu einem Entsorgungs-/Recycling-System. Sie geben deswegen die Grundlage dafür, bei Verstößen die Konkurrenz abzumahnen.

Manche dieser Bestimmungen sind als Marktverhaltensregeln anerkannt:

Das LG Ansbach (Urt. v. 14.10.2019 – 41 HK O 525/19) hat beispielsweise entschieden, dass § 32 VerpackG, der Hinweispflichten über die Pfandart beinhaltet, eine Marktverhaltensregelung iSv § 3a UWG sei. Das Anbieten von Getränken ohne Hinweis auf die Einweg- oder Mehrweg-Eigenschaft derer Verpackungen ist daher unlauter.

Das Landgericht Hamburg (Urt. v. 20. 8. 2019 – 406 HKO 93/19) unter Verweis auf eine Entscheidung des BGH zur Vorgängernorm (BGH, Beschl. v. 17.7.2013 – I ZR 211/12) entschieden, dass § 31 Abs. 4 VerpackG, welcher Pfand- und Rücknahmepflichten für Einweggetränkeverpackungen und Ausnahmen davon regelt, über § 3a UWG abmahnfähig ist.

IV. Elektrogesetz (ElektroG)

Das Elektrogesetz ist eigentlich schon Jahrzehnte alt, wird aber regelmäßig mit neuen Pflichten gespickt. Im Wesentlichen regelt dieses Gesetz, wann wer wie die Verantwortung für die Registrierung und Kennzeichnung von Produkten trägt.

Der BGH erkennt in § 9 Abs. 1 ElektroG (regelt das Erfordernis der Dauerhaftigkeit der Kennzeichnung von Elektrogeräten – und war früher in § 7 S. 1 ElektroG) eine Marktverhaltensregel. Diese schütze zwar nicht die Umwelt, sondern will den Schutz der Mitbewerber vor einer Belastung mit höheren Entsorgungskosten infolge nicht gekennzeichneter Elektrogeräte durch andere Marktteilnehmer bezwecken (BGH, Urt. v. 09.07.2015 – I ZR 224/13).

Auch § 9 Abs. 2 ElektroG gehört zum Kreis der Auserkorenen:Die Kennzeichnung bestimmter Produkte mit dem Symbol der durchgestrichenen Mülltonne ist lt. einigen Oberlandesgerichten (OLG Frankfurt, Urt. v. 25.07.2019 – 6 U 51/19; OLG Hamm, Urt. v. 20.07.2021 – 4 U 72/20) eine Marktverhaltensregelung, weil sie nicht nur dem Umweltschutz, sondern dem Interesse der Verbraucher an der leichten Entsorgbarkeit des Produkts dient.

Auch § 17 ElektroG, wonach der Vertreiber von Elektrogeräten verpflichtet ist, die Rücknahme durch geeignete Rückgabemöglichkeiten in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endbenutzer zu gewährleisten, fällt unter § 3a UWG (LG Duisburg, Urt. v. 27.06.2019 – 21 O 84/18). Aus § 17 ElektroG folgt nach Ansicht des LG Duisburg auch, dass der Unternehmer die Entsorgung selbstständig zu gewährleisten hat und nicht auf Entsorgungsmöglichkeiten Dritter verweisen darf. Tut er dies nicht, handelt er wettbewerbswidrig.

Besonders relevant für Online-Händler ist § 6 Abs. 2 ElektroG – ebenfalls eine Marktverhaltensregel (OLG München, Urt. 19.03.2015 – 29 U 4821/14). Der Händler kann also bei Verkauf von nicht ordnungsgemäß registrierten Geräten abgemahnt werden, weil und soweit der unter die Herstellerfiktion von § 3 ElektroG fällt (OLG Köln, Urt. v. 20.02.2015 – 6 U 118/14; ferner BVerwG, Urt. v. 15.04.2010 – 7 C 9/09).

V. Batteriegesetz (BattG)

Vergleichsweise selten, aber dennoch anzutreffen sind Verstöße gegen das Batteriegesetz (BattG). § 4 Abs. 1 S. 1 BattG stellt eine dem Schutz der Mitbewerber dienende Marktverhaltensregelung dar (BGH, Urt. v. 28.11.2019 – I ZR 23/1). Diese Norm regelt das Verbot des Vertriebs von Batterien ohne vorangegangene Anzeige gegenüber dem Umweltbundesamt.

VI. Resümee

Verstöße gegen AGB, VerpackG, ElektroG oder BattG werden schnell und gerne von der Konkurrenz abgemahnt – oder bieten andersherum die Gelegenheit, die Konkurrenz zu rechtskonformem Verhalten zu zwingen. Es kann sich also lohnen, Markt und Mitbewerber im Auge zu behalten. Während die Eigenschaft einzelner Normen als (Nicht-)Marktverhaltensregeln höchstrichterlich geklärt werden konnte, gibt es immer noch viele Normen, wo Unklarheiten bestehen. Für den Abgemahnten bringt das Spielraum für Argumentation und die Möglichkeit, sich erfolgreich gegen die Abmahnung zu wehren – der Abmahnende bekommt die Chance, argumentativ seine Position zu untermauern. Bei AGB liegt der Schwerpunkt etwas anders: Hier ist entscheidend, dass die konkrete AGB-Klausel letztlich wirksam ist.