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Luxusparfüm beim Discounter?

Grenzen der Markenerschöpfung

Berechtigtes Interesse des Markeninhabers

Grundsätzlich dürfen Produkte (z.B. Parfüms), die einmal vom Markeninhaber willentlich in Verkehr gebracht worden sind (z.B. an Händler), ohne weiteres weiterverkauft werden (sog. Erschöpfung), wenn nicht ausnahmsweise der Inhaber ein berechtigtes Interesse (z.B. Rufschädigung) am Erhalt seiner Markenrechte hat. Das OLG Düsseldorf hatte zu entscheiden, ob ein solches (zur Markenrechtsverletzung führendes) berechtigtes Interesse gegeben war, weil die markengeschützten Gegenstände – hier Luxusparfüms – in Discounter-Supermärkten angeboten worden waren (OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.06.2023 – 20 U 278/20).

Sachverhalt

Die Beklagten gehörten zu einer deutschlandweit bekannten Supermarkt-Kette, einem sog. Discounter. Dort vertrieben sie vereinzelt in einem Aktionsangebot Parfüms der Marken „Joop!“ und „Calvin Klein“. Die Parfüms standen in einem Glaskasten bzw. einer Vitrine, in der u.a. auch Elektronik-Artikel lagen. Daneben standen „Wühlkisten“ mit anderer Aktionsware, wie in Plastik verpackte Matratzen/Schlafanzüge, USB-Sticks, Radios, Bewegungsmelder und Zahnbürsten. Die Klägerin, Lizenznehmerin der vorgenannten Marken, vertreibt diese Parfüms über ein selektives Vertriebssystem – also nur an ausgewählte Händler, zu dem die Beklagten nicht gehörten. Dennoch landete die Ware über Umwege bei ihnen.

Die Klägerin sah das naturgemäß nicht gern und machte vor Gericht geltend, der Vertrieb in der beschriebenen Form stelle eine Verletzung der Klagemarken dar, weil sich die Beklagten nicht darauf berufen könnten, dass es sich um erschöpfte Ware gehandelt habe. Die Präsentation im „ramschigen“ Verkaufs- und Werbeumfeld eines Billig-Discounters verletze den Prestigewert der Klagemarken. Sie verlangte Unterlassung gem. Art. 9 Abs. 1, Abs. 2 lit. a, 15 Abs. 2, 130 Abs. 2 UMV.

Entscheidung

Das OLG Düsseldorf änderte die Entscheidung der Vorinstanz ab und gab dem Unterlassungsanspruch statt. Gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. a) UMV kann der Inhaber einer Unionsmarke Dritten verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit der Unionsmarke identisch ist und für Waren benutzt wird, die mit denjenigen identisch sind, für die die Unionsmarke eingetragen ist. Hier war der Weitervertrieb unter den Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 UMV untersagen, da berechtigte Gründe es rechtfertigten, insbesondere weil der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verschlechtert wurde.

Bei Waren mit Luxus- und Prestigecharakter müsse lt. EuGH  der Wiederverkäufer darauf bedacht sein, die Wertschätzung der Marke nicht dadurch zu beeinträchtigen, dass er den Luxus- und Prestigecharakter der betreffenden Waren sowie die von ihnen ausgehende luxuriöse Ausstrahlung beeinträchtigt (EuGH, Urt. v. 04.11.1997, C-337/95 Rn. 43, 45 – Dior/Evora). Allerdings stelle der Umstand, dass ein Wiederverkäufer, der gewöhnlich Artikel gleicher Art, aber nicht unbedingt gleicher Qualität vertreibt, für die mit der Marke versehenen Waren in seiner Branche übliche Werbeformen benutzt, selbst wenn diese nicht denen entsprechen, die der Markeninhaber selbst oder die von ihm ausgewählten Wiederverkäufer verwenden, keinen berechtigten Grund dar, der es rechtfertigt, dass der Inhaber sich dieser Werbung widersetzt, sofern nicht erwiesen ist, dass die Benutzung der Marke in der Werbung des Wiederverkäufers den Ruf der Marke im konkreten Fall erheblich schädigt (EuGH, a.a.O., Rn. 46). Bei der Frage der Rufschädigung sind insbesondere die Art der mit der Marke versehenen Prestigewaren, der Umfang und der systematische oder aber sporadische Charakter der Verkäufe dieser Waren durch den Lizenznehmer an Discounter und andererseits die Art der von diesen Discountern üblicherweise vertriebenen Waren und die in deren Branche üblichen Vertriebsformen zu berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 23.04.2009, C-59/08, Rn. 32 – Dior/Copad). Das OLG Düsseldorf bejahte zunächst das Luxus-Image der Klagemarken-Produkte insb. deshalb, weil sie selektiv vertrieben werden. Weiter sei hier die Warenpräsentation geeignet, den Ruf der Klagemarken erheblich zu beeinträchtigen, weil die Parfüms für den Verbraucher dauerhaft Teil des Discounter-Sortiments seien und nicht separiert präsentiert wurden (z.B. in einer eigenen Parfümabteilung), sondern mitten unter Allerweltsware. Insofern liege eine Eignung zur Rufschädigung vor, so das OLG Düsseldorf.

Resümee

Inhaber von Luxus-Marken ziehen regelmäßig gegen Verkäufer außerhalb ihrer selektiven Vertriebssysteme vor Gericht, um ihr Geschäftsmodell zu schützen, das gerade im Exklusiven, Luxoriösem, Ausgewähltem begründet liegt. Dieser Ansatz ist nachvollziehbar und auch regelmäßig erfolgreich und setzen per Abmahnung und gerichtliche Verfahren Unterlassungsansprüche etc. durch. Dabei ist immer die konkrete Präsentation der betroffenen Waren entscheidend.