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DSGVO-Verstöße eines Vorstands als wichtiger Kündigungsgrund

OLG München, Urteil vom 31.07.2024 – 7 U 351/24

Das Oberlandesgericht München entschied kürzlich, dass Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) durch ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung gelten können (OLG München, Urteil vom 31.07.2024 – 7 U 351/24).

Weiterleitung interner Mails an private E-Mail Adresse des Vorstands

Der Vorstand hatte über mehrere Monate hinweg interne E-Mails, die sensible Daten enthielten, wie Gehaltsabrechnungen und Provisionsgestaltungen, an seine private Gmail-Adresse weitergeleitet. Diese E-Mails waren nie ausschließlich an seine Gmail-Adresse gesendet worden. Die private Gmail-Adresse war stets nur eine von mehreren Empfängeradressen im cc, zum Teil auch zwischen cc Adressen anderer Empfänger versteckt. Zusätzlich gab es darunter Mails, die mit Priorität „hoch“ versendet worden sind. Eine solche Mail war auch an ein Mitglied des Aufsichtsrats der Gesellschaft gerichtet, was später für den Beginn der 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB von Bedeutung war.

Ende September 2021 entdeckte ein neues Vorstandsmitglied bei der Einarbeitung Ende September 2021, dass der Vorstand diese E-Mails weitergeleitet hatte, und forderte von dem Vorstand eine Stellungnahme.

Am 11.10.2021 beschloss der Aufsichtsrat der AG, den Vorstand aus wichtigem Grund abzuberufen und seinen Dienstvertrag fristlos zu kündigen. Der Vorstand klagte gegen die Kündigung. Das OLG bestätigte deren Wirksamkeit.

Verstoß gegen § 93 Abs. 1 S. 3 AktG/DSGVO

Der Senat prüfte und verneinte einen Verstoß gegen die vertragliche und sich aus dem Gesetz ergebende Geheimhaltungspflicht (§ 93 Abs. 1 S. 3 AktG); bejahte aber einen Verstoß gegen die DSGVO und sah darin einen Grund für die außerordentliche Kündigung – aber nicht per se, sondern bezogen auf den konkreten Fall, weil Inhalt der E-Mails u.a. sensible Daten von Vorständen und Arbeitnehmern waren.

Das Gericht hielt die Kündigung für verhältnismäßig, da eine Fortsetzung des Dienstvertrags für weitere elf Monate unzumutbar gewesen wäre, zumal der Vorstand bereits nach sechs Monaten eine neue Anstellung gefunden hatte. Das Gericht betonte, dass für den Beginn der Kündigungsfrist die Kenntnis des gesamten Aufsichtsrats ausschlaggebend ist. Daher kam es auch nicht darauf an, dass eine der Mails an auch an ein Mitglied des Aufsichtsrats als Empfänger gerichtet war, zumal das Gericht hier davon ausging, dass die Weiterleitung „versteckt“ war in weiteren Mail Adressen und aufgrund der mit Priorität „Hoch“ versandten Mail der Fokus berechtigterweise auf dem Inhalt und nicht den Empfängern lag.

Resümee

Spannend ist die Entscheidung im Hinblick auf die Zeitdauer: Eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses kam bei einer Restlaufzeit von elf Monaten nicht in Betracht.

Materiell-rechtlich gibt es die Möglichkeit, im Dienstvertrag die Weiterleitung von Mails zu untersagen. Tatsächlich kommt dies in der Praxis häufig vor. Sowohl Vorstände als auch Geschäftsführer sollten sich der sich auch aus dieser Entscheidung ergebenden Risiken bewusst sein.