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Annahmeverzugslohn im Dienstverhältnis – Zahlungspflicht bei unberechtigter Kündigung

Zugleich eine Besprechung der Entscheidung des OLG München, Urt. v. 21.07.2021 –
7 U 2466/18

Aus dem Arbeitsrecht hinlänglich bekannt ist, dass der Annahmeverzugslohn regelmäßig ein kostentreibender Faktor in Kündigungsschutzverfahren ist. Was für den Arbeitnehmer gilt, gilt aber in gleicher Weise auch für den Vorstand der Aktiengesellschaft.

Die Entscheidung des OLG München

Das OLG München hatte sich jüngst mit einem Sachverhalt zu befassen, bei dem Ansprüche aus beendetem Vorstandsdienstverhältnis streitig waren. Der Dienstvertrag des Klägers als Vorstand der Beklagten war befristet bis zum 31.08.2017 und enthielt eine Ausschlussklausel. Der Kläger bezog eine Vergütung in Höhe von EUR 30.000,00 brutto pro Monat. Die Beklagte kündigte den Dienstvertrag außerordentlich am 16.09.2016. Zuvor wurde der Kläger als Vorstand abberufen. Die gegen die Wirksamkeit der Kündigung gerichtete Klage war erfolgreich, sodass festgestellt wurde, dass das Dienstverhältnis mit dem Kläger entsprechend der Befristung im Vertrag erst zum 31.08.2017 endete (OLG München, Urt. v. 21.07.2021 – 7 U 2466/18).

Anforderungen an den Annahmeverzugslohnanspruch bei Organen

Für das Bestehen des Annahmeverzugslohnanspruchs ist das tatsächliche Angebot der Dienste im Sinne von § 294 BGB nur im unstreitig bestehenden Dienstverhältnis erforderlich, wobei ein wörtliches Angebot ausreichen soll. Für Vorstände und Geschäftsführer ist nicht einmal das wörtliche Angebot erforderlich, wenn die Gesellschaft durch Abberufung als Organ, ggfs. aber nicht zwangsläufig, verbunden mit der Bestellung eines neuen Organs, zu erkennen gibt, dass es den Abberufenen unter keinen Umständen weiter beschäftigen wird (BGH NZG 2001, 76). Da es auch in dem hier zu beurteilenden Sachverhalt vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung eine Abberufung gab, war ein wörtliches Angebot der Dienste nicht erforderlich, um den Annahmeverzugslohnanspruch auszulösen.

Selbst wenn- wie es in dem Sachverhalt, über den das OLG München zu entscheiden hatte – im späteren Verlauf des Rechtsstreits eine Äußerung des Vorstands gibt, ihm sei eine Verbindung zur Beklagten nicht mehr zuzumuten, lässt dies den Anspruch nicht entfallen. Denn der Anspruch ist bereits entstanden. 

Anrechnung anderweitiger Verdienste

Die Regelung des §§ 326 Abs. 2 S. 2, 615 S. 2 BGB zur Anrechnung anderweitiger Verdienste gelten dem Grunde nach auch für Vorstand und Geschäftsführer, wobei hierfür die Beklagte beweisbelastet ist. Um ihr diese Darlegungen zu ermöglichen, steht ihr ein Auskunftsanspruch zu, den sie der Klageforderung einredeweise entgegenhalten kann; die Einrede führt ggfs. zur Abweisung der Klage als derzeit unbegründet (BAG NJW 1979, 285). Die Grenze zum Arbeitsrecht ist allerdings bei der Frage des Auskunftsanspruchs nach anderen Jobangeboten zu ziehen. Diesen hatte das BAG im Jahr 2020 bejaht in der Annahme, dass der arbeitslos gemeldete Arbeitnehmer Jobangebote/Vermittlungsvorschläge der Bundesagentur erhalte und sich dann unter Umstände dazu erklären muss, warum er diesen nicht nachgeht, oder in welchem Umfang er ihnen nachgegangen ist (vgl. BAG NJW 2020, 2764). Für den gekündigten Vorstand soll dies jedenfalls ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht gelten (OLG München, Urt. v. 21.07.2021 – 7 U 2466/18).

Fazit

Insbesondere bei langer Laufzeit befristeter Verträge ist der Annahmeverzugslohnanspruch bei der Risikoabwägung der Wirksamkeit der Kündigung aus wichtigem Grunde einzupreisen, häufig aber hinzunehmendes Übel. Die Kündigung aus wichtigem Grund ist leider häufig mit Rechtsunsicherheit behaftet, so dass es sich durchaus lohnen kann, im Nachgang über ein einvernehmliches Ausscheiden mit entsprechender Verschwiegenheitsklausel zu verhandeln.