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Vorläufiges Berufsverbot: BVerfG stärkt Rechte der Anwaltschaft

In einer aktuellen Entscheidung hat das BVerfG (Beschluss vom 02.07.2020 zum Az. 1 BvR 1627/19) die Anforderungen und Grundlagen des vorläufigen Berufsverbotes nochmals konkretisiert und die Instanzgerichte zu einem sorgsamen Umgang mit diesem Instrumentarium angehalten.  

Das BVerfG führt aus, dass das gegen den Beschwerdeführer verhängte vorläufige Berufsverbot ihn zur Beendigung seiner Berufstätigkeit zwinge und damit einen schwerwiegenden Eingriff in die Freiheit der Berufswahl, die Art. 12 Abs. 1 GG schütze, begründe. Ein solcher Eingriff sei nur auf der Grundlage eines Gesetzes, zum Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhaltensmäßigkeit zu rechtfertigen.

Sodann führt der Senat weiter aus (a.a.O. Rn. 19):

„Allein das Vorliegen dieser gesetzlichen Voraussetzungen rechtfertigt aufgrund der überragenden Bedeutung des Art. 12 Abs. 1 GG die Verhängung eines vorläufigen Berufsverbotes aber noch nicht. Ein vorläufiges Berufsverbot hat einerseits während seiner Dauer ähnlich folgenschwere und irreparable Wirkungen für die berufliche Existenz des Betroffenen wie das endgültige Berufsverbot, während andererseits diese Maßnahme bereits aufgrund einer summarischen Prüfung ohne erschöpfende Aufklärung der Pflichtwidrigkeit vor Rechtskraft der Verurteilung ergeht. Hinzukommen muss daher, dass die Anordnung erforderlich ist, um bereits vor rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgebühr abzuwehren, die aus einer Berufsausübung durch den Beschuldigten resultieren können. Denn nur dann stellt sich die Präventivmaßnahme mit Sofortwirkung ausgestaltete Anordnung nach § 132a StPO als Ausdruck der Schrankenregelung des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG da (vgl. BVerfGE 44, 105 <118ff>;48, 292<298>).  Die Gefahrenlage und die Notwendigkeit, der Gefährdungssituation durch die Verhängung eines vorläufigen Berufsverbotes entgegenzuwirken, hat das zuständige Fachgericht in seiner Entscheidung darzulegen und zu erörtern. Gleiches gilt für die gesetzlichen Voraussetzungen des § 132a StPO und die Angemessenheit der gerichtlichen Maßnahme im konkreten Einzelfall (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2005- 2 BvR 673/05-, Rn. 16, m.w.N.). Auch im Rahmen der nur summarischen Prüfung ohne erschöpfende Aufklärung des Sachverhaltes bedarf es einer Darlegung der den dringenden Verdacht begründenden Tatsachen.“

Und genau diesen Anforderungen werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht.

Die Entscheidungen benennen in nicht hinreichendem Maße Tatsachen, aus denen auf das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts der Begehung einer Urkundenunterdrückung gemäß § 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB geschlossen werden könnte. Zwar sei die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege ein wichtiges Gemeinschaftsgut; die fehlende Rücksendung dreier Gerichtsakten erscheine aber nicht als Geschehen, das auch unter Berücksichtigung der weiter festgestellten Umstände die Anordnung eines vorläufigen Berufsverbots in jedem Fall begründe.

Der Beschwerdeführer wurde durch die Kanzlei Jähne Günther Rechtsanwälte PartGmbB berufsrechtlich beraten und vertreten.