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Unzulässige Gesundheitswerbung

Health Claims

I. Anwendung des Wettbewerbsrechts

Die Werbung für gesundheitsfördernde Eigenschaften von Lebensmitteln (inklusive Nahrungsergänzungsmittel) ist besonders streng reguliert. Der Bundesgerichtshof hat schon vor Jahrzehnten klargestellt, dass Verbraucher in diesem Bereich besonders schutzwürdig sind, sobald es um Gesundheitswerbung geht, und nicht durch falsche Heilversprechen zum Kauf verführt werden dürfen. Mittlerweile gibt die sog. Health Claims Verordnung der EU (VO (EU) 1924/2006), die auch in Deutschland unmittelbar gilt, verschiedene Anforderungen vor. Art. 10 dieser VO ist nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 17.01.2013, I ZR 5/12; Beschl. v. 12.07.2018 – I ZR 162/16) eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 3a UWG, deren Missachtung geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von Mitbewerbern und Verbrauchern und spürbar zu beeinträchtigen. Bei Verstößen gegen die Health Claims Verordnung findet also über § 3a UWG das Wettbewerbsrecht Anwendung. Damit sind Verstöße durch Wettbewerber/Konkurrenten insb. abmahnfähig.

II. Die Health Claims Verordnung

Die Health Claims Verordnung will verhindern, dass Kunden durch falsche Heilversprechen ein Lebensmittel kaufen. Sie listet u.a. auf, welche Inhaltsstoffe mit welcher Werbeaussage beworben werden dürfen. Bevor eine Werbeaussage für die Liste der zugelassenen Werbebotschaften zugelassen wird, wird sie einer wissenschaftlichen Prüfung unterzogen. Insbesondere regelt sie nährwertbezogene und gesundheitsbezogene Angaben. Eine Nährwertbezogene Angabe ist jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere positive Nährwerteigenschaften besitzt. Eine gesundheitsbezogene Angabe ist jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Der Bundesgerichtshof versteht gesundheitsbezogene Angaben sehr weit, was dem Verbraucher zugutekommt.

III. Ein paar Beispiele:

1. „Bekömmliches“ Bier (BGH, Urt. v. 17.05.2018 – I ZR 252/16)

Eine Brauerei bewarb ihr Bier u.a. mit „Das würzig frische Spitzenbier. Bekömmlich, süffig – aber nicht schwer“, „erfrischend bekömmlich“. Die wurde daraufhin auf Unterlassung verklagt. Der Vorwurf: Die Brauerei verstoße gegen §§ 3, 3a UWG und die Health Claim Verordnung und sei unlauter. Letztlich bestätigte der BGH: der Begriff „bekömmlich“ werde als „gesund“, „zuträglich“ und „leicht verdaulich“ verstanden. Er bringe bei einer Verwendung für ein Lebensmittel zum Ausdruck, das Lebensmittel werde gut vertragen und im Verdauungssystem gut aufgenommen, beeinflusse psychische und physische Funktionen günstig, sein dauerhafter Konsum sei frei von Nebenwirkungen und Folgewirkungen wie Abhängigkeitsrisiken könnten außer Betracht bleiben. Die Werbung war damit endgültig wettbewerbswidrig, der Unterlassungsanspruch bestand.

2. Histaminabbau (LG Frankfurt aM, Urt. v. 21.12.2022 – 3-12 O 28/22)

Ein auf Verdauungspräparate spezialisiertes Unternehmen hatte sein Nahrungsergänzungsmittel in Tablettenform damit beworben, dass es den Abbau des mit der Nahrung im Darm aufgenommenen Histamins unterstütze. Die daraufhin eingereichte Unterlassungsklage mit dem Vorwurf, die Aussage verstoße gegen die Health Claims Verordnung und sei daher unlauter gem. §§ 3, 3a UWG, hatte Erfolg. Das Landgericht Frankfurt am Main nahm eine gesundheitsbezogene Angabe (und entgegen der Beklagtenmeinung keine rein technische) und damit nach Art. 10 Abs. 1 der Health Claims Verordnung unzulässige Werbeaussage an. Der Verbraucher gehe nämlich davon aus, dass das Präparat eine Verbesserung des Gesundheitszustandes dahingehend herbeiführt, dass derjenige, der an einer Histaminunverträglichkeit leidet, fortan ohne gesundheitliche Nachteile histaminhaltige Nahrungsmittel zu sich nehmen kann. Da die Werbeaussage nicht gem. Art. 14 der Health Claims Verordnung zugelassen war, war die Werbung als unlauter zu qualifizieren. (Dieses Urteil ist nach unserer Kenntnis noch nicht rechtskräftig).

3. Repair-Kapseln (BGH, Urt. v. 07.04.2016 – I ZR 81/15)

Ein Unternehmen vertrieb Kapseln zum Einnehmen und bewarb diese mit: „Mit der verbesserten Rezeptur und neuen wertvollen Inhaltsstoffen sorgen unsere neuen Repair-Kapseln PREMIUM für eine tolle Haut, fülliges Haar und feste Fingernägel – jetzt noch effektiver“. Es wurde daraufhin abgemahnt, da diese Werbung unlauter sei (vgl. §§ 3, 3a UWG). Am Ende des Instanzenzuges hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden. Der BGH ging davon aus, dass der Verbraucher anhand der Werbeaussage davon ausgehe, ein bestimmtes Produkt könne Schäden an Haut, Haaren oder Fingernägeln beseitigen. Es handele sich nicht um in der Health Claims Verordnung zugelassene gesundheitsbezogene Angaben, sei insbesondere nicht mit der Formulierung inhaltsgleich, ein bestimmter Nährstoff trage zur Erhaltung normaler Haut, Haare oder Nägel bei. Daher war die Werbung wettbewerbswidrig und unlauter.

IV. Resümee

Die Werbung mit gesundheitsbezogenen Daten bedarf besonderer Aufmerksamkeit und Präzision bei der Formulierung. Hier sind die Vorgaben der Health Claims Verordnung genau zu beachten, um sich nicht dem Vorwurf wettbewerbswidriger Werbung auszusetzen.