Irreführende Werbung mit CO2-Ausgleich
Einleitung
Das Landgericht Köln hat über die Werbung einer Fluggesellschaft entschieden und für irreführend – und damit unlauter – gehalten (LG Köln, Urt. v. 21.03.2025 – 84 O 29/24).
Sachverhalt
Die beklagte Fluggesellschaft warb auf ihrer Website unter der Ankündigung „Jetzt nachhaltiger fliegen“ mit den Möglichkeiten „Buchen und Flug ausgleichen“ sowie „Früheren Flug ausgleichen“. In Bezug auf die unter dem Stichwort „nachhaltiger Fliegen“ beworbene zweite Möglichkeit, „Früheren Flug ausgleichen“, eröffnete die Beklagte neben dem Erwerb von SAF noch das Angebot, „CO₂-Emissionen durch Beiträge zu Klimaschutzprojekten auszugleichen“. Die Website der Beklagten enthielt u.a. eine kurze Erläuterung zu zertifizierten Klimaschutzprojekten, es wurden bespielhaft die Anschaffung von CO₂-sparenden Kochern, die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser und die Wiederherstellung deutscher Moorlandschaften genannt. Auf einer weiteren Informationsseite hieß es noch nach Darstellung der Zertifikate: „Alle Projekte sorgen dafür, dass langfristig entweder CO₂- Emissionen eingespart oder aus der Atmosphäre gebunden werden.“ Ferner wird ein Waldschutzprojekt erwähnt, welches die Beklagte jedoch nicht mehr unterstützt.
Ebenfalls unter dem Stichwort „Jetzt nachhaltiger Fliegen“ warb die Beklagte im Rahmen der zu wählenden Möglichkeit „Buchen und Flug ausgleichen“ mit folgender Ankündigung: „Mit unseren Angeboten zum nachhaltigeren Fliegen können Sie Ihre flugbezogenen CO₂-Emissionen direkt während der Buchung durch den Einsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe (SAF) reduzieren.“
Es folgten Erläuterungen zu der „individuellen Möglichkeit Ihre Reise nachhaltiger zu gestalten“, wobei hier der „Einsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe (SAF)* zur Reduktion Ihrer flugbedingten CO₂-Emission“ genannt wird. Weiter unten heißt es noch: „Nachhaltige Flugkraftstoffe, sogenannte Sustainable Aviation Fuels (SAF), werden nicht aus fossilen Rohstoffen, sondern auf Basis erneuerbarer Energieträger, wie zum Beispiel gebrauchte Speiseöle oder aus Abfällen der Agrarwirtschaft hergestellt. Im Vergleich zu herkömmlichem Kerosin spart SAF mindestens 80% der Treibhausgasemissionen über die gesamte Wertschöpfungskette ein und reduziert daher unmittelbar Ihren flugbezogenen CO,-Ausstoß.“
Der Kläger beanstandete diese Werbung, da sie irreführend i.S.d. § 5 Abs. 1 UWG oder § 5a UWG sei.
Entscheidung
Nach Ansicht des LG Köln a.a.O. enthalte die Werbung Angaben, die über die in § 5 Abs. Abs. 2 UWG genannten Umstände, darunter die wesentlichen Eigenschaften von Dienstleistungen, wie Herstellung oder Vorteile dieser Leistungen, täuschen. Die Beklagte kleide ihr getätigtes Versprechen mehrfach in die Formulierung „Flug ausgleichen“, „nachhaltiger Fliegen“ ein. Der Durchschnittsverbraucher könne dies nur im Sinne eines Versprechens einer Kompensation, die zur Neutralität führt, verstehen. Auch wenn die Beklagte nicht das Wort „neutral“ und „nachhaltiger“ statt „nachhaltig“ verwendet habe, suggeriere sie insbesondere durch die Formulierungen „CO₂-Emissionen ausgleichen“ sowie „CO₂-Kompensation“ und den dazugehörigen Erläuterungen, dass der Verbraucher seine Emissionen ausgleichen werde.
Daher werde der Verbraucher sodann im Unklaren darüber gelassen, wie diese Kompensation in welchem Umfang bezogen auf seinen konkret gebuchten oder zu buchenden Flug vorgenommen werden soll. Unklarheit bestehe ebenso über die Bemessung der CO₂-Emissionen der Flugbuchung sowie deren Anteil an der Klimaschädlichkeit. Dadurch werde dem Verbraucher suggeriert, er könne mit seiner Geldzahlung seinen Flug im Wesentlichen „klimaneutral“ gestalten. Letztlich sie die beanstandete Werbung bereits deshalb irreführend, weil sich die Beklagte dort noch mit einem Klimaschutzprojekt schmück, das sie unstreitig nicht mehr unterstützt.
Durch die Ankündigung „Flug ausgleichen“ werde suggeriert, man könne mindestens CO₂-neutral, wenn nicht gar klimaneutral fliegen. Dabei bleibe auch hier im Unklaren, was genau in welchem Umfang ausgeglichen werden soll. In Bezug auf den Erwerb von SAF liege die Täuschung des Verbrauchers zudem und in erster Linie insbesondere darin, dass bei dem Verbraucher der Eindruck entstehe, sein Beitrag beziehe sich auf seinen Flug. Es werde versprochen, der Verbraucher könne seine „flugbezogenen CO₂-Emissionen direkt während der Buchung … reduzieren…“. Die Argumentation der Beklagten, es doch jedem klar, dass der Ankauf von SAF aus organisatorischen Gründen nicht unmittelbar erfolgen könne, überzeuge nicht. Schließlich dürfte es auf jedem Flughafen entsprechende Tankstellen geben und die Betankung eines Fliegers erfolgt in der Vorstellung der Verbraucher kurz vor dem Flug (LG Köln, Urt. v. 21.03.2025 – 84 O 29/24).
Resümee
An Umweltwerbung sind ohnehin hohe Anforderungen zu stellen. Der BGH hat dies in seinem berühmten „klimaneutral“-Urteil noch einmal bestätigt (BGH, Urt. v. 27.6.2024 – I ZR 98/23). In der Flugreisebranche werden regelmäßig nicht hinreichende Werbeslogans als irreführend kritisiert und von mehreren Gerichten bestätigt (s. dazu auch OLG Köln, Urt. v. 13.12.2024 – 6 U 45/24; LG Köln, Urt. v. 28.3.2024 – 81 O 32/23).