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Das beA der weiteren Kanzlei

AGH Berlin zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach

Die Anwaltschaft nutzt täglich das beA zur Kommunikation mit den Gerichten, Behörden und Berufskollegen. Dabei kommt es nicht selten vor, dass Kommunikationsinhalte seitens der Gerichte auf ein „falsche“ Postfach geschickt werden, bspw. in das Postfach eines Partners, der Berufsausübungsgesellschaft oder eben der weiteren Kanzlei des Berufsträgers.

Die weitere Kanzlei

Die Rechtsanwaltskammer ist zur Einrichtung eines beA-Postfachs für einen Rechtsanwalt bei Meldung eines (weiteren) Kanzleisitzes gesetzlich verpflichtet. Die Tatsache, dass für ihn ein weiteres beA-Postfach eingerichtet wird, wenn er einen weiteren Kanzleisitz anmeldet, ergibt sich bereits aus § 31a Abs. 7 BRAO. Eine weitere Kanzlei muss dann angemeldet werden, wenn der Berufsträger neben seiner Hauptkanzlei (auch Zulassungskanzlei) und entsprechenden Standorten (= Zweigstellen) an einer anderen Kanzlei (also einem anderen Rechtsträger) voll oder teilweise beteiligt ist. 

Kanzlei beA

Der Anwaltsgerichtshof Berlin hat nunmehr mit Urt. v. 15.11.2023 (AGH 8/20) entschieden, dass die Bundesrechtsanwaltskammer vor der Einrichtung von beA-Postfächern für Rechtsanwälte nicht verpflichtet sei, diese darüber vorab zu informieren (Bringschuld). Rechtsanwälte trifft bezüglich dieser Informationen eine Holschuld.  Eine solche Informationspflicht folge auch nicht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 DSGVO, da dieses bei der automatischen Einrichtung von beA-Postfächern i.S.v. Art. 14 Abs. 5 b) DSGVO einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Überdies sind die Informationen zu den beA-Postfächern i.S.v. Art. 14 Abs. 5 c) DSGVO durch § 31a BRAO spezialgesetzlich geregelt.

Es sei zudem nicht rechtswidrig, dass die Bundesrechtsanwaltskammer beA-Postfächer technisch dergestalt betreiben lässt, dass sie den Postfachinhaber für die Zeit zwischen der Postfacheinrichtung und dessen Zugriffsmöglichkeit im Wege des Registrierungsverfahrens keine Auskünfte zu den Postfachinhalten geben kann, da gem. §§ 22, 23 RAVPV die Zugriffsberechtigung aus Datenschutzgründen nur beim jeweiligen Inhaber liegt. Einem Rechtsanwalt steht gegen die Bundesrechtsanwaltskammer kein Unterlassungsanspruch zu, für ihn ein weiteres beA-Postfach ohne seine vorherige Unterrichtung über dessen Einrichtung in Betrieb zu nehmen. Eine solche gesetzliche Pflicht besteht nicht.

Praxistipp

Zur Erfüllung der berufsrechtlichen Verpflichtungen und zur Haftungsprävention muss sich der Berufsträger bei der Meldung einer weiteren Kanzlei darum kümmern, dass er seinen Zugang zum (weiteren) beA-Postfach organisiert. Dies gilt entsprechend, wenn der Berufsträger bspw. eine BAG zulässt oder auch einen weiteren Standort der Hauptkanzlei gründet (und dort einen gesonderten beA-Zugang bekommt).