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Auskunftsanspruch des Arbeitsgebers im Zusammenhang mit § 11 KSchG

Der Einsatz des Auskunftsanspruchs im Kündigungsschutzverfahren – zu der Entscheidung des BAG v. 27.05.2020 – 1 Sa 369/17

Bedeutung von Auskunftsansprüchen im Kündigungsschutzverfahren

Im Zusammenhang mit Kündigungsschutzverfahren „spielt die Musik“ zunehmend jenseits der Frage der Rechtmäßigkeit der Kündigung. Im Fokus steht ohnehin regelmäßig nicht das, was eigentlich Ziel der Kündigungsschutzklage ist, nämlich der Kampf um den Arbeitsplatz. Gestritten wird um die Höhe der Abfindung und in dem Zusammenhang hat auf Arbeitnehmerseite die Geltendmachung des Anspruchs auf Auskunft und Herausgabe von Kopien nach Art. 15 DSGVO ein gewisses „Eigenleben“ entwickelt. Die Geltendmachung des Anspruchs geht regelmäßig einher mit einer erhöhten Vergleichsbereitschaft auf Seiten des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber stand dem in den letzten rund 2 Jahren gewissermaßen machtlos gegenüber.

Nun hat das BAG auch Arbeitgebern einen Auskunftsanspruch zuerkannt, von dem gleichermaßen zu erwarten ist, dass er gewissermaßen als Korrelat zu dem Anspruch nach Art. 15 DSGVO auf Seiten des Arbeitnehmers die Vergleichsbereitschaft zu fördern jedenfalls geeignet ist.

Inhalt des Auskunftsanspruchs im Zusammenhang mit § 11 KSchG

 § 11 KSchG hat den folgenden Regelungsgehalt: „Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, so muss sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, anrechnen lassen, (….) was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen (…).“

Im Rahmen von Kündigungsschutzverfahren, bei denen nicht im Gütetermin eine Einigung erzielt wird und die im schlimmsten Fall sogar in die zweite Instanz gehen, erhöht sich mit jedem Monat für den Arbeitgeber der ggfs. zu zahlende Annahmeverzugslohn. Arbeitgeber hatten bis dato faktisch kaum eine Möglichkeit, nach Maßgabe des § 11 KSchG diesen Anspruch zu kürzen, weil sie gar nicht in der Lage waren nachzuweisen, was der Arbeitnehmer hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen.

Entscheidung des BAG v. 27.05.2020 – 1 Sa 369/17

Das BAG hat Arbeitgebern insoweit nun einen Auskunftsanspruch gegen den Arbeitnehmer zugesprochen und ausgeführt: „Der Arbeitgeber hat gegen den Arbeitnehmer, der Vergütung wegen Annahmeverzugs fordert, einen Auskunftsanspruch über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter unterbreiteten Vermittlungsvorschläge. Grundlage des Auskunftsbegehrens ist eine Nebenflicht aus dem Arbeitsverhältnis nach § 242 BGB.“

Der Auskunftsanspruch ist nach der Entscheidung des BAG in Textform im Sinne von § 126b S. 1 BGB zu erteilen und hat sich inhaltlich zu erstrecken auf die Vermittlungsvorschläge unter Nennung von Tätigkeit, Arbeitszeit, Arbeitsort und Vergütung.

Bewertung der Entscheidung des BAG v. 27.05.2020 – 1 Sa 369/17

Arbeitnehmer werden sich darauf einstellen müssen, dass sie sich fortan nicht mehr zurücklehnen und auf den Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens warten können, während ihr Lohnanspruch fortgesetzt besteht. Sie werden sich darauf einstellen müssen, im Einzelnen zu Vermittlungsangeboten der Bundesagentur und der Jobcenter Stellung nehmen zu müssen, wenn der Arbeitgeber den Auskunftsanspruch geltend macht, womit wohl in der Zukunft vermehrt zu rechnen ist. Kern der Auseinandersetzung wird dann jeweils die Frage der Zumutbarkeit sein. Denn böswillig ist das Unterlassen der Aufnahme einer anderweitigen Beschäftigung nur dann, wenn diese zumutbar war. Zu den Grenzen der Zumutbarkeit hat sich das BAG nicht geäußert. Dies wird im Zweifel jeweils eine Frage des Einzelfalls sein.