„Arzt für ästhetische Eingriffe“ irreführend
Das Landgericht Bochum hatte die Frage zu entscheiden, ob die Werbung eines Arztes als „Arzt für ästhetische Eingriffe“ zulässig ist (Urt. v. 20.12.2023 – 13 O 74/23).
Sachverhalt
Die Klägerin ist ein Wettbewerbsverband. Die Beklagten bot die Durchführung minimalinvasiver Beauty-Behandlungen, operative Behandlungen, die Erstellung medizinischer Studien, Ausbildungs-, Werbe- und Vertragstätigkeiten, die Erbringung von Beratungsleistung sowie den Vertrieb von Kosmetik- und Beauty-Produkten an. Sie betreibt mehrere Praxen und stellt auf ihrer Website ihre für sie als Ärzte tätigen Geschäftsführer. Neben dem Foto der Geschäftsführer befindet sich im Textteil oben „Arzt für ästhetische Eingriffe“. Darunter steht der Name des jeweiligen Geschäftsführers, ein Hinweis auf die vorhandenen Zertifizierungen und ein Hinweis auf Spezialisierungen. Die Klägerin sieht darin eine irreführende Werbung, denn mit der Bezeichnung „Arzt für ästhetische Eingriffe“ werde von den angesprochenen Verbrauchern im Sinne einer Facharztbezeichnung für ästhetische Chirurgie verstanden, auch wenn die Facharztbezeichnung in diesem Bereich richtigerweise laute „für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie“. Sie verlangt Unterlassung der Werbung wegen Unlauterkeit nach dem UWG.
Urteil
Das LG Bochum befand die Werbung der Beklagten für irreführend im Sinne von § 5 UWG und verurteilte zur Unterlassung. Die Bezeichnung „Arzt für ästhetische Eingriffe“ könne bei den angesprochenen Verkehrskreisen, bei denen es sich um medizinische Laien handelt, eine Fehlvorstellung hinsichtlich der Qualifikation der für die Beklagte tätigen Ärzte auslösen. Zwar seien dem Durchschnittsverbraucher Facharztbezeichnungen nicht fremd, doch seien vom Durchschnittsverbraucher keine vertieften Gedanken zur Dauer und zum Inhalt einer solchen Weiterbildung zu erwarten. Eine Irreführung liege vor, wenn das Verständnis, dass eine Angabe bei den angesprochenen Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Nach Auffassung des Gerichts erwecke die Kombination der Begriffe „Arzt für“ und „Eingriffe““ bei den angesprochenen Verkehrskreise nicht die Vorstellung einer kosmetischen Behandlung, sondern einer ärztlichen in den Körper eingreifenden Behandlung, zumal weitere Hinweise auf die Spezialisierung folgen, zum Beispiel „Nasenkorrektur“ und „ästhetische Fettreduktion“. Durch die Gesamtgestaltung werde nach Auffassung des Gerichts bei den angesprochenen Verbrauchern eine Fehlvorstellung dahingehend ausgelöst, dass die Ärzte eine von der zuständigen Berufsaufsicht anerkannte Weiterbildung im Bereich der plastischen Chirurgie erworben haben (Urt. v. 20.12.2023 – 13 O 74/23). Weiter führte das Gericht aus, dass auch eine objektiv richtige Angabe irreführend sein könne, wenn sie beim Verkehr, an den sie sich richtet, gleichwohl zu einer Fehlvorstellung führt. Die in diesem Fall vorzunehmende Interessensabwägung, bei der auch die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 GG) zu berücksichtigen ist, ergebe, dass das Verbot der streitgegenständlichen Werbung keinen unverhältnismäßigen oder nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Berufungsausübungsfreiheit darstelle. Der Beklagten sei es ohne weiteres möglich, die Qualifikation der für sie tätigen Ärzte anderweitig hervorzuheben, zum Beispiel durch den nach der Berufsordnung für Ärzte zulässigen Hinweis auf Tätigkeitsschwerpunkte. Die Auffassung der Beklagten, nach § 17 Abs. 5 der Berufsordnung der zuständigen Ärztekammer seien die Geschäftsführer der Beklagten verpflichtet, ihr Tätigkeitsgebiet in Form einer Arztbezeichnung, nämlich „Arzt für ästhetische Eingriffe“ auf dem Praxisschild anzugeben, sei für die Kammer nicht nachvollziehbar und finde keine Stütze in den Regelungen der Berufsordnung (Urt. v. 20.12.2023 – 13 O 74/23).
Resümee
Laut dem LG Bochum ist die Bewerbung eines Arztes als „Arzt für ästhetische Eingriffe“ nach § 5 UWG irreführend, wenn er nicht über eine anerkannte Weiterbildung im Bereich der plastischen Chirurgie verfügt. Bei seiner Entscheidung orientierte sich das Gericht an einer Entscheidung des BGH (BGH, Urt. v. 29.07.2021 –I ZR 114/20), welche auch noch einmal verdeutlicht, dass im Bereich ärztlicher Werbung besondere Irreführungspotenziale liegen.
(Ob das Urteil rechtskräftig und damit Bestand hat, ist unbekannt.)