Irreführung nach § 5 UWG
Einleitung
Urteile um die Frage, wann eine Einrichtung z.B. als „Zentrum“ (s. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 11.5.2023, Az. 6 U 4/23; OLG Celle, Urt. v. 19.12.2023 – 13 U 26/23) oder „Zahnzentrum“ (LG Offenburg, Urt. v. 12.06.2024 – 5 O 25/23 KfH) bezeichnet werden darf, gibt es einige. Das OLG Nürnberg hat nun entschieden, dass die Bezeichnung „Fachzentrum für medizinische Haarentfernung“ kann irreführend sein (Urt. v. 19.08.2025 – 3 U 562/25).
Sachverhalt
Die Verfügungsklägerin betreibt bundesweit im Franchisesystem sog. Institute zur dauerhaften Haarentfernung. Die Verfügungsbeklagte betrieb als Franchisenehmerin der Verfügungsklägerin ein entsprechendes Unternehmen. Sie verwendete dabei zumindest in der Vergangenheit u.a. an der Eingangstür die Bezeichnung „Fachzentrum für medizinische Haarentfernung“. Dies hielt die Verfügungsklägerin für unlauter – und damit unzulässig.
Entscheidung
Das OLG (a.a.O.) hat sich in seiner Entscheidung im Wesentlichen mit drei Aspekten auseinandergesetzt: Erstens die Frage des Verfügungsgrundes (Dringlichkeit) im einstweiligen Verfügungsverfahren, zweitens die Mitbewerbereigenschaft i.S.v. § 8 Abs. 3 UWG, und drittens dem Verkehrsverständnis des Begriffs „Fachzentrum“.
Überspringen wir den wenig spannenden ersten Aspekt und schauen uns die Mitbewerbereigenschaft an: Hier lag der Fall so, dass zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegner eine räumliche Entfernung von gut 70km bestand. Es fragte sich also, ob überhaupt noch in einem Wettbewerbsverhältnis zueinanderstehen. Das OLG führte dazu aus, dass eine räumliche Distanz von gut 70 km und der damit verbundene Fahrtaufwand von etwa 1 Stunde der Annahme einer Mitbewerbereigenschaft zwischen Anbietern von Haarentfernungen, von denen einer sich als „Fachzentrum für medizinische Haarentfernung“ bezeichnet, nicht entgegenstünden, weil ein Verbraucher, der eine Haarentfernung wünscht und dabei auf einen „medizinischen“ Charakter Wert legt, trotz dieser Distanz nicht davon Abstand nehmen würde, diesen Anbieter aufzusuchen (Urt. v. 19.08.2025 – 3 U 562/25).
Zum Dritten Aspekt: Laut OLG (a.a.O.) sei die Bezeichnung „Fachzentrum für medizinische Haarentfernung“ dann irreführend, wenn das eingesetzte Personal nicht über qualifizierte medizinische Kenntnisse oder Fähigkeiten verfügt, vgl. § 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 u. 3 UWG (Urt. v. 19.08.2025 – 3 U 562/25).
Der Begriff „medizinische Haarentfernung“ sei laut OLG (a.a.O.) mehrdeutig bzw. unklar und führe zu einer Irreführung: Denkbar sei einerseits die Bedeutung, die zur Haarentfernung angewandten Verfahren seien wissenschaftlich geprüft, auf ihre Wirksamkeit getestet und die Qualität insoweit gesichert, dass nur vertretbare Nebenwirkungen und Risiken bestehen. Ebenso denkbar sei die Bedeutung, dass die als „Medizinische Haarentfernung“ beworbene Behandlung einen gewissen medizinischen Charakter besitzt, weil das Personal vor Beginn der Behandlung und während dieser medizinische individuelle körperliche Umstände der Kunden/Patienten berücksichtigt. Der Verkehr erwarte danach eine irgendwie geartete Untersuchung und Beratung durch die eingesetzten Mitarbeiter. Auch denkbar sei das Verständnis, dass sich – unzutreffend – die Behandlung aufgrund der eingesetzten Methoden und/oder Personen von einer solchen unterscheidet, die gewöhnlich bei rein kosmetischer Zielrichtung angewandt würde.
Das OLG ging davon aus, Adressat würde erwarten, es würden – unzutreffend – Handlungen und Prüfungen vorgenommen, wie sie auch bei medizinischen Behandlungen durch einen Arzt, Heilpraktiker, Physiotherapeuten o.Ä. unternommen werden, wenn auch spezifiziert für den Bereich der Haut und Behaarung. Die Bezeichnung „Fachzentrum für medizinische Haarentfernung“ sei also dann, wenn das eingesetzte Personal nicht über qualifizierte medizinische Kenntnisse oder Fähigkeiten verfügt, irreführend (Urt. v. 19.08.2025 – 3 U 562/25).
Resümee
Für das OLG stand die Betonung auf den „medizinischen“ Teil des Zentrums im Vordergrund; dies sicherlich nicht zu Unrecht. Sobald man also darüber nachdenkt, mit medizinischen Begriffen zu firmieren, ist äußerste Vorsicht geboten. Das OLG hat auch noch einmal erwähnt, dass im medizinischen Bereich ein gesteigertes Schutzbedürfnis für den Verbraucher besteht.
