Nährstoffangaben außerhalb der Nährwerttabelle
Einleitung
Das OLG München hat als zweite Instanz entscheiden gehabt, ob es unlauter ist, die Proteinangabe eines Lebensmittels außerhalb der Tabelle für Nährwertangaben – wie es die – vorsieht – abgebildet wird (OLG München, Urt. v. 19.12.2024 – 6 U 3363/23 e).
Sachverhalt
Die Beklagte vertreibt einen Milchreis als Fertigprodukt. Auf der Deckelfolie der Produktverpackung findet sich unterhalb der Bezeichnung „Milchreis“ die Angabe „HIGH PROTEIN“ sowie rechts neben der Bezeichnung „Milchreis“ ein sog. Werbestörer, der die Angabe „14G PROTEIN“ enthält. Auf dem Seitenetikett des Verpackungsbechers befinden sich ebenfalls die Bezeichnung „Milchreis“ und darunter die Angabe „HIGH PROTEIN“ sowie rechts neben der Bezeichnung „Milchreis“ ein Werbestörer, der die Angabe „14g PROTEIN pro Becher“ enthält. Weiter findet sich auf dem Seitenetikett des Bechers eine Nährwertdeklaration in tabellarischer Form, aus der unter anderem eine Menge an Eiweiß von 7,7g je 100 g bzw. von 14 g pro „1 Becher = 1 Portion (180 g)“ hervorgeht.
Die Klägerin klagte dagegen vor dem Landgericht München I auf Unterlassung (LG München I, Endurt. v. 28.07.2023 – 37 O 14809/22). Denn sie erkannte darin einen Verstoß gegen Art. 30 Abs. 3 LMIV (iVm § 3a UWG), Art. 34 I LMIV iVm § 5a, § 5b UWG.
Entscheidung
Das Landgericht gab der Klage statt (LG München I, Endurt. v. 28.07.2023 – 37 O 14809/22). Das OLG München bestätigte die Entscheidung (OLG München, Urt. v. 19.12.2024 – 6 U 3363/23 e). Es stellte fest, dass dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 I 1, § 3 I, § 5a I, § 5b IV UWG iVm Art. 30 I, 3, Art. 34 I LMIV zustehe.
Der Regelungsgehalt des Art. 30 III LMIV bestehe darin, die „wichtigsten Bestandteile der Nährwertdeklaration“ (vgl. Erwgr. 41), die neben der vollständigen („als Ganzes“) Nährwertdeklaration iSv Art. 30 I iVm Art. 34 I LMIV ausnahmsweise und abweichend hiervon zusätzlich in „unvollständiger“ Form im Hauptsichtfeld (Art. 34 III 1 Buchst. a LMIV) erscheinen dürfen, iSd Erwgr. 41 zu „präzisieren“ bzw. festzulegen. Art. 30 I iVm Art. 34 I LMIV, wonach die Angaben im selben Sichtfeld und „als Ganzes“ erscheinen müssen, stelle somit den Grundsatz dar und Art. 30 III iVm Art. 34 III LMIV lediglich eine Ausnahme hiervon. Wird eine in Art. 30 I 1 LMIV genannte Angabe, die nicht unter Art. 30 III LMIV fällt, zusätzlich in isolierter bzw. „unvollständiger“ Form auf der Verpackung dargestellt, liege daher ein Verstoß gegen den Grundsatz nach Art. 30 I iVm Art. 34 I LMIV, wonach die Angaben „als Ganzes“ und im selben Sichtfeld darzustellen sind, vor.
Das vorwerfbare Verhalten im Fall isolierter bzw. „unvollständiger“ Nährwertangaben, die neben der vollständigen Nährwertdeklaration ein weiteres Mal auf der Verpackung erscheinen, liege darin, dass die Angabe entgegen Art. 34 I 2 LMIV nicht „als Ganzes“ zusammen mit den weiteren in Art. 30 I 1 LMIV genannten Angaben gemacht wird, werden letztere Angaben an der betreffenden Stelle der Verpackung zu Unrecht weggelassen, dem Verbraucher also vorenthalten.
Hier würde den Verbrauchern durch die Angabe „14G PROTEIN“ auf dem Deckel des Bechers und die Angabe „14g PROTEIN pro Becher“ auf der Becherseite an den betreffenden Stellen der Verpackung in den jeweils konkret verwendeten Werbestörern die weiteren in Art. 30 I 1 LMIV genannten Angaben des Brennwerts und der Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren Kohlenhydraten, Zucker und Salz und damit wesentliche Informationen iSv § 5b IV UWG nach § 5a I 1 UWG unzulässigerweise vorenthalten (OLG München, Urt. v. 19.12.2024 – 6 U 3363/23 e).
Resümee
Im Ergebnis kommt das OLG München zu demselben Ergebnis wie schon andere Gerichte zuvor zum aktuell prominenten Thema der isolierten Angabe des Proteingehalts auf Verpackungen (LG Heilbronn, Urt. v. 06.07.2023 – 21 O 7/23 KfH; OLG Hamburg, Beschl v. 30.07.2024 – 3 U 82/23). Eine endgültige Entscheidung ist damit noch nicht gefallen; Beim BGH wird die Revision unter dem Az. I ZR 2/25 geführt.
